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„Tobei – Gott sieht deine Schweinerei!“ Katholischsein in West-Berlin zwischen Mauerbau und Mauerfall am Beispiel der Pfarrei St. Matthias (Schöneberg)

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 410907407
 
Das Teilprojekt erforscht exemplarisch anhand der großen Pfarrgemeinde St. Matthias (Berlin-Schöneberg), wie sich „Katholischsein“ in West-Berlin zwischen Mauerbau und Mauerfall im Spannungsfeld von Politik, gesellschaftlicher und religiöser Transformation entwickelt hat. Dabei werden Sozialgestalt und Alltagskultur einer großstädtischen Kirchengemeinde in den Verflechtungen ihrer Akteure (Bischöfe / Kleriker, Gläubige, alters- und funktionsspezifische Gruppen) analysiert und zu den gedeuteten Erfahrungen der „modernen“ und „geteilten“ Metropole in Beziehung gesetzt. Ihre besondere Struktur und Entwicklungsgeschichte erhebt die Pfarrei St. Matthias zum idealtypischen Untersuchungsgegenstand. Hier lassen sich grundlegende Transformationen von Erfahrungen der Katholiken in West-Berlin und seiner großstädtischen „Diaspora“ aufzeigen, welche für die Vielgestaltigkeit des Katholischseins seit den 1970er Jahren stehen. Die Analyse erfolgt entlang der Kriterien „Semantiken“, „Praktiken“, „Emotionen“, die es erlauben, den alltäglichen Erfahrungswandel der Gläubigen zu erfassen. So treten neben quantitative Feststellungen, beispielsweise über Zu- und Abnahme der Beteiligung am Gemeindeleben, qualitative Beobachtungen, wie dieser und andere Prozesse semantisch wahrgenommen wurden („Säkularisierung“), und welche praktischen wie auch emotionsbestimmten Reaktionen er auslöste . Das Teilprojekt geht solchem Wandel des „Katholischseins“ auf zwei miteinander interagierenden Ebenen nach: gemeindlicher Binnenperspektive und Außenwirkung bzw. Interaktion in größeren (auch nicht-kirchlichen) Zusammenhängen. Gefragt wird nach den Konflikten, Gegensätzen und Umbrüchen, die auf beiden Ebenen ausgetragen wurden bzw. stattfanden und sich in Semantiken, Praktiken, Emotionen abbildeten. Darüber hinaus werden Gemeinsamkeiten und Besonderheiten des Wandels sichtbar, indem die Situation in St. Matthias mit den Entwicklungen anderer Berliner Pfarreien und innerhalb der Diözese verglichen sowie in ihrer Bedeutung für das im Verbundprojekt zu erforschende „Katholischsein“ in der Bundesrepublik bewertet wird.Das Teilprojekt kann auf einer außergewöhnlich guten Quellensituation aufbauen: dem Archiv von St. Matthias, das aufgrund einer besonderen jurisdiktionellen Situation der Pfarrei seit 150 Jahren geschlossen und ohne Verluste innerhalb der Pfarrei selbst vorliegt. Keine West-Berliner katholische Pfarrei verfügt über ein vergleichbar vollständig überliefertes Archiv.Die bisherige Forschung hat sich mit dem Gegenstand „Katholischsein in West-Berlin“ unter Überprüfung herkömmlicher Paradigmen („Ende des Milieus“), unter Anwendung kulturwissenschaftlicher Ansätze und Methoden und mit dem übergeordneten Ziel, zu einer Neudefinition von Religionsgeschichte als Zeitgeschichte beizutragen, noch nicht befaßt. Das Projekt betritt damit – als Teil des Forschergruppen-Gesamtantrags „Katholischsein in der Bundesrepublik Deutschland, 1965-1989/90“, konzeptionell wie methodisch Neuland.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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