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Soziale Kontexte von Rebellion in der frühislamischen Periode

Antragstellerin Dr. Hannah-Lena Hagemann
Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 437229168
 
Das Forschungsprojekt beabsichtigt, soziale Kontexte von Rebellion in der frühislamischen Zeit, vom Kalifat ʿAbd al-Maliks (ca. 692-705) bis zu den letzten großen ʿalidischen Aufständen ca. 815-816, zu untersuchen. Das gesamte Islamische Reich war in diesem „langen 8. Jahrhundert“ von einer Vielzahl an Rebellionen geprägt. Die Forschungsgruppe wird vier Kategorien solcher Rebellionen bearbeiten: ashrāfī-Aufstände geführt von Stammesnotabeln (ashrāf); Aufstände, die Machtansprüche im Namen der Familie ʿAlī b. Abī Ṭālibs (st. 661) geltend machten; ḫāriǧītische Rebellionen; und nicht-muslimische/gemischte Rebellionen am Beispiel dreier armenischer Aufstände. Das Projekt ist auf die Kernländer des Reiches beschränkt; Transoxanien oder Nordafrika beispielsweise können nicht bearbeitet werden. Die Forschung zu Rebellion in dieser Zeit ist überraschend begrenzt und betont zudem ihre religiösen Aspekte. Viele Studien behandeln Aufstände daher im Rahmen von Heterodoxie, Martyrium und Millenarismus; die sozialen Kontexte von Rebellion hingegen sind unzureichend beleuchtet. Im Gegensatz hierzu lautet eine grundlegende Prämisse des Projekts, dass Religion nur eines von vielen Identitätsmerkmalen und (daher) nur einer von vielen Faktoren ist, die individuelles und Gruppenhandeln, hier Beteiligung an Aufständen, beeinflussen. Die Forschungsgruppe wird deshalb den Fokus auf die sozio-politischen und ökonomischen Dimensionen der ausgewählten Rebellionen legen. Das Projekt verfolgt drei Hauptziele: i) Das Verständnis von Rebellion im 8. Jahrhundert durch Befreiung vom Primat des Religiösen zu erweitern, auch durch die Einbeziehung nicht-muslimischer/gemischter Aufstände; ii) eine Typologie von Rebellion in dieser Zeit zu erstellen, die auf den Theoriemangel im islamwissenschaftlichen Diskurs reagiert; und iii) ein differenzierteres Bild der frühislamischen Gesellschaft, ihrer sozialen Schichten und Beziehungen zu zeichnen, welches auch (sich ändernde) Mechanismen und Prozesse von Machtteilhabe betrachtet. Der Fokus auf das „lange 8. Jahrhundert“ ermöglicht eine diachrone Analyse von (wechselnden) Mustern von Rebellion, die losgelöst von gängigen Periodisierungen erfolgt, d.h. unabhängig von der üblichen Trennung der umayyadischen (prä-750 u. Z.) von der ʿabbāsidischen (post-750 u. Z.) Phase, die der Untersuchung langfristiger Entwicklungen entgegensteht. Das Projekt fungiert auf zwei Ebenen. Die Fallstudien erbringen neue Einblicke in die soziale Komposition und (damit) die Motivationen bestimmter Aufstände, was wiederum den größeren Kontext beeinflusst, in dem diese auftreten. Die vergleichende Analyse dieser Fallstudien im Laufe des Projekts wird zudem das Verständnis der Makroebene von Rebellion in der frühislamischen Zeit ausbauen. Wenn die religiösen Aspekte von Rebellion auch nicht unberücksichtigt bleiben, wird das Projekt daher komplexere und umfassendere Antworten auf die Frage liefern, warum und wie Akteure der frühislamischen Zeit rebellierten.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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