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Kaufunktion und Kiefergelenk bei fossilen und rezenten Spitzmäusen

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 437729873
 
Zähne sind die wichtigsten Informationsträger zur Rekonstruktion der Nahrungsanpassung fossiler Säugetiere. Die Diversifizierung der Säugetiere im Känozoikum ging einher mit vielfältigen Anpassungen der Zahn- und Kiefermorphologie. Ein wesentlicher Selektionsfaktor, der die Zahnmorphologie beeinflusst, sind die physikalischen Eigenschaften der Nahrung, die von weich und duktil bis hart und spröde reichen. Diese spiegeln sich neben der Morphologie der Zähne in den durch das Kauen verursachten Usurspuren auf der Zahnoberfläche. Neben der Molarenmorphologie bestimmen die Gelenkung und Bewegungen des Unterkiefers den Kauvorgang. Mit der zunehmenden Komplexität der Molaren gehen Modifikationen der Mandibel einher, wobei eine exakte Abstimmung beider Komponenten Voraussetzung für eine effiziente Zerkleinerung der Nahrung ist. Die Bewegungen des Unterkiefers lassen sich von der Anordnung der Usurfacetten und der auf ihnen befindlichen Striationen ableiten. Ein effizientes Kauen der Nahrung wird durch das Zusammenspiel von Zahnmorphologie, Form des Unterkiefers und seines Gelenks, sowie der Kaumuskulatur bestimmt. In dem beantragten Projekt soll dieses Zusammenspiel an fossilen und rezenten Spitzmäusen untersucht werden. Spitzmäuse sind, einzigartig innerhalb der Säugetiere, durch ein hochkomplexes, zweigeteiltes Kiefergelenk charakterisiert, das aus einem dorsalen und einen ventralen Teil besteht. Man geht davon aus, dass durch diese Zweiteilung des Gelenkkopfes komplexere und differenziertere Kieferbewegungen ermöglicht werden. Auch wird vermutet, dass die vertikale Anordnung der Gelenkgruben am Schädel (Glenoidfacette) eine ausgeprägte Vorwärts- Rückwärtsbewegung des Unterkiefers erlaubt. Darüber hinaus wurde ein Auswärtskippen des Unterkiefers beim Kieferschluss beobachtet, das vermutlich die Mahl- und Scherfunktion der Molaren begünstigte. In dem beantragten Projekt soll der Kauschlag anhand von virtuellen, mit dem Mikrocomputer-Tomographen generiertern 3D-Oberflächenmodellen der Molaren simuliert werden. Dabei wird der Occlusal Fingerprint Analyzer (OFA) eingesetzt, ein Computerprogramm, das in der DFG-Forschungsgruppe entwickelt wurde und seitdem erfolgreich zur Funktionsanalyse von Zähnen eingesetzt wird. Mit dem OFA lassen sich der Bewegungsablauf des Kauschlages rekonstruieren sowie seine Effizienz über die Kontaktareale der Zähne quantifizieren. Ziel des Projektes ist ein vertieftes Verständnis der Zusammenhänge zwischen der Form des einzigartien Kiefergelenks und der Kaubewegung bei Spitzmäusen. Dabei gehen wir von der Hypothese aus, dass die Kiefer von Soricinen mit ihren deutlich getrennten Gelenkköpfen differenziertere Bewegungen ausführen als die der Crocidurinen mit weniger klar getrennten Gelenkköpfen. Da die Zahnmorphologie bei den Spitzmäusen weitgehend identisch ist, sollten sich die Form des Kiefergelenks und der resultierenden Kieferbewegung an den Usurfacetten manifestieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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