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Mechanismen beim Kugelstrahlformen von Sandwich- und Laminatmaterialien

Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 43844033
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Verbundwerkstoffe gewinnen derzeit wachsende technische Bedeutung für hoch belastete Strukturbauteile. Eine weit verbreitete Gruppe von Verbundwerkstoffen sind Sandwichbleche, die beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt und im Fahrzeugbau eingesetzt werden. Diese werden derzeit in der Mehrzahl der Anwendungsfälle durch Schichten und Verbinden von Einzellagen in endabmessungsähnlichen Formen hergestellt, wie es z.B. bei Airbus Stade zur Herstellung von Rumpfsektoren der Fall ist. Zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit könnte diese Art der Fertigung durch die Verwendung eines ebenen Zuschnitts eines in einem Massenherstellungsprozess hergestellten Verbundblechs und einer anschließenden Umformung substituiert werden. Dazu fehlt es derzeit an geeigneten kostengünstigen Umformverfahren. Die flexible und Insbesondere für große Teile gut geeignete Kugelstrahlumformung (KSU) kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Das auf den Anwendungsfall zugeschnittene Eigenschaftsprofil (Schwingungsdämpfung, Schichtaufbau, etc.) der Sandwichbleche lässt jedoch eine erhebliche Auswirkung auf die Prozessparameter erwarten, so dass hierzu systematische Grundlagenforschung nötig ist, die Gegenstand dieses Forschungsvorhabens ist. Bei der Kugelstrahlumformung wird eine Vielzahl beschleunigter metallischer Partikel mit der Oberfläche eines umzuformenden Blechs zum Stoß gebracht. Bei ausreichender kinetischer Energie des Strahlmittels führt der Stoßvorgang zu einer plastischen Verformung des Blechs. Die unter einem Einzeleindruck entstehende Dehnungsverteilung ist dabei verantwortlich für die makroskopische Krümmung des Bauteils. Gegenstand des Antrags ist die Untersuchung der Anwendbarkeit des Kugelstrahlumformens zur Umformung von Sandwichblechen aus metallischen Deckblechen mit einer Zwischenlage aus Kunststoff. Um das im Vergleich zu monolithischen Blechen veränderte Umformverhalten dieser Sandwichbleche zu untersuchen, wurden zunächst quasistatische Kugeleindruckversuche durchgeführt und in begleitenden FEM Rechnungen analysiert. Ferner wurden dynamische Einzeleinschläge von Kugeln in Experiment und Simulation untersucht. Desweitern sind Kugelstrahlversuche an verschiedenen Sandwichblechen durchgeführt und die erzielten Krümmungen in Abhängigkeit der Prozessparameter analysiert worden. Zum Abschluss ist die Fertigung eines industrienahen Bauteils überprüft worden. Die experimentellen und numerischen Untersuchungen von quasistatischen Kugeleindrücken konnten die formgebenden Mechanismen des Kugeleindrucks in ein Sandwichblech offen legen. Mit diesen Arbeiten wurden die folgende Ergebnisse und Fortschritte erzielt: o Die Formgebungsmechanismen von Massiv- und Sandwichblechen unterscheiden sich grundlegend: Der radiale und vertikale Materialfluss bei einem Kugeleindruck findet bei Sandwichblechen verstärkt in der Zwischenschicht statt. Das Deckblech bildet bei genügend tiefen Eindrücken und hinreichend weicher und dicker Zwischenschicht ein Fließgelenk aus. o Die untersuchten Sandwichbleche zeigen wesentliche Unterschiede bei den Verformungsmoden. Primär tritt bei allen Sandwichblechen am Eindruck ein Sink-in auf, das bei steigender Eindringtiefe von einem Pile-up überlagert wird. Dieses Charakteristikum zeigen sowohl die experimentellen als auch und numerischen Untersuchungen. Ein derartiges Verhalten ist bei monolithischen Blechen nicht bekannt. o Anhand von Untersuchungen der plastostatischen Kennzahl bei Eindruckversuchen konnte gezeigt werden, dass die Kraft-Eindring-Charakteristik von Sandwichblechen sich von dem von monolithischen Blechen unterscheidet. Während sich für monolithische Bleche für einen gegebenen Werkstoff durch Normalisieren der Eindruckdurchmesser auf den Durchmesser der verwendeten Kugel eine „Masterkurve" für die plastostatische Kennzahl ergibt, ist der Verlauf der plastostatischen Kennzahl bei Sandwichblechen eine Funktion des Schichtaufbaus, der Materialeigenschaften der Schichten und der eindringenden Kugel. o In Abhängigkeit von der Eindringtiefe erfährt die kugelzugewandte Oberfläche eine Kontraktion bzw. eine Biegung. Die Zwischenschicht wird radial verdrängt und verhindert in den meisten Fällen eine plastische Verformung des unteren Deckblechs. Dies wird als maßgeblicher Grund für das Entstehen von konkaven Krümmungen interpretiert. Bei dynamischen Einzeleinschlägen von Kugeln konnten die Versuchsbedingungen an die realen Verhältnisse der industriellen Kugelstrahlumformung angelehnt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Energieumsetzung in plastische Verformung für die jeweilige Kombination aus Kugelmasse und Sandwichblechart charakteristisch ist. Ergänzende FE-Simulatlonen mit Materialdatenbeschreibungen bei hohen Dehnraten sind durchgeführt worden. Die Ergebnisse der Experimente wurden qualitativ bestätigt. Es wurde jedoch festgestellt, dass zukünftig weitere Arbeiten zur Modellierung des dehnratenabhängigen Materialverhaltens und zur Einhaltung der Energieerhaltung beim Kontaktalgorithmus nötig erscheinen, um eine quantitative Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment zu erzielen. Kugelstrahlversuche an Sandwichblechen haben die Formgebungsmöglichkeiten in Abhängigkeit der Prozessparameter offen gelegt. o Kugelgestrahlte Sandwichbleche sind ausschließlich zu konkaven Krümmungen fähig. Dieser Sachverhalt untermauert die numerischen Ergebnisse aus Aufgabenpaket A2. o Elastisches Vorbiegen hat keinen Effekt auf die resultierende Krümmung. Lediglich plastisches Vorbiegen unterstützt die Formgebung. Die Überprüfung der Anwendbarkeit der Kugelstrahlumformung konnte an einem industrienahen Bauteil durchgeführt werden. o Eine CAD-CAM Kopplung zur Verbesserung des Fertigungsablaufs wurde vollzogen. o Einflussanalyse der NC-Pfade auf die Geometriegenauigkeit wurde durchgeführt und der Werkzeugpfad bezüglich der Geometriegenauigkeit optimiert. o Erste Ergebnisse zeigen, dass die Herstellung industrienaher Bauteile möglich ist. Die Untersuchungen an dem Sandwich material HYLITE haben in der Summe das große Potenzial der Kugelstrahlumformung von Sandwichblechen zur Herstellung gekrümmter Sandwichstrukturen bewiesen. Die durchgeführten Grundlagenuntersuchungen, sowie die Herstellung eines anwendungsnahen Bauteils aus dem Bereich Architektur belegen dies. In Gesprächen mit Anwendern von Fassadenelementen und organischen Bauformen wurde deutlich, dass ein starkes Interesse an kugelstrahlumgeformten Blechen aus HYLITE besteht. Ferner ist im Folgeantrag zu diesem Vorhaben eine Übertragung der Erkenntnisse auf andere Sandwichstrukturen (z.B. GLARE) vorgesehen. Mit der Ausdehnung der Untersuchungen auf GLARE und dessen Weiterentwicklungen, die in der Luftfahrt für Außenhautstrukturen verwendet werden, könnte das Anwendungsspektrum der Kugelstrahlumformung ausgeweitet werden. Die Initialisierung weiterer Forschungsprojekte für großflächige Anwendungsbauteile z.B. im Bereich der Architektur ist vorstellbar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "Towards Shot Peen Forming of Sandwich and Laminate Sheets: Basic Investigations and First Industrial Applications" 11th International Conference on Aluminum Alloys, Sept. 2008, Aachen, Germany
    H. Dackweiler, G. Hirt
  • „Application of the Shot Peen Forming Process to sandwich- and Laminate Structures" 10th International Conference on Shot Peening, Sept. 2008, Tokyo, Japan
    H. Dackweiler, G. Hirt
 
 

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