Detailseite
Projekt Druckansicht

Verändert Psychotherapie das Traumagedächtnis? Selektive Auswirkungen von Expositionstherapie, EMDR und Imagery Rescripting auf den willentlichen und unwillentlichen Abruf aversiver emotionaler Erinnerungen

Antragsteller Professor Thomas Ehring, Ph.D., seit 5/2021
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 439734821
 
Die Posttraumatische Belastungsstörung ist gekennzeichnet durch vermehrtes unwillentliches Auftreten traumatischer Erinnerungen (z.B. intrusives Wiedererleben) sowie durch Beeinträchtigungen im willentlichen Abruf traumatischer Gedächtnisinhalte (z.B. inkohärente und fragmentierte Erinnerungen). Traumafokussierte Interventionen sollten daher den unwillentlichen, unkontrollierbaren Abruf traumatischer Ereignisse reduzieren und den willentlichen, kontrollierbaren Abruf der Gedächtnisinhalte erhalten oder sogar fördern. Experimentelle Studien mit pharmakologischen und analogen Manipulationen haben gezeigt, dass eine solch selektive Gedächtnismodifikation möglich ist. Die differentiellen Auswirkungen wissenschaftlich etablierter, traumafokussierter Interventionen auf den unwillentlichen und willentlichen Abruf traumatischer Gedächtnisinhalte sind jedoch weitgehend unbekannt. Zwar konnte wiederholt gezeigt werden, dass Interventionen wie die Expositionstherapie, Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) und Imagery Rescripting (IR) das unwillentliche Auftreten traumatischer Erinnerungen reduzieren, es mangelt aber an Befunden bezüglich ihrer Effekte auf den willentlichen Abruf. Obwohl die Verbesserung der Qualität der willentlich hervorgerufenen Erinnerung (d.h. Gedächtniskohärenz und –organisation) wünschenswert erscheint, wird anhaltend darüber diskutiert, ob Psychotherapie auch unerwünschte Auswirkungen auf das Traumagedächtnis haben könnte, z.B. durch Modifikation der Gedächtnisinhalte (d.h. Richtigkeit der Erinnerung). Derartige Vermutungen stellen die Validität psychotherapeutisch bearbeiteter Erinnerungen in Frage und reduzieren die Glaubwürdigkeit von Augenzeugenberichten in Gerichtsprozessen.Im Rahmen des beantragten Forschungsvorhabens sollen die selektiven Effekte von Expositionstherapie, EMDR und IR auf den willentlichen und unwillentlichen Abruf aversiver Erinnerungen systematisch untersucht werden, wobei der Schwerpunkt auf den unzureichend erforschten Aspekten des willentlichen Gedächtnisabrufs liegt. Zu diesem Zweck werden die Behandlungseffekte auf die (1) Qualität und (2) Richtigkeit willentlich hervorgerufener Erinnerungen in zwei separaten Studien untersucht. Aversive Erinnerungen werden während EMDR und IR, aber nicht während der Expositionstherapie, explizit modifiziert. Entsprechend deuten bisherige Studienergebnisse darauf hin, dass die Interventionen den willentlichen Abruf der Gedächtnisinhalte unterschiedlich beeinflussen. Basierend auf vorherrschenden Theorien über die zugrunde liegenden Wirkmechanismen der drei Interventionen wird daher angenommen, dass EMDR und IR die willentlich abrufbare Erinnerung im Vergleich zur Expositionstherapie stärker verändern. Die Ergebnisse des Vorhabens könnten unser Verständnis von traumafokussierten Behandlungen und deren Auswirkungen auf die selektive Gedächtnismodifikation erweitern und somit helfen, relevante (Gedächtnis-)Prozesse individuell zu behandeln.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemalige Antragstellerin Anna Kunze, Ph.D., bis 5/2021
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung