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Mobilier urbain. Objektkultur und öffentlicher Raum im Paris des 19. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 440038918
 
Das Forschungsprojekt widmet sich dem Zusammenhang von Entstehung, Benutzung und visueller Rezeption des Pariser Stadtmobiliars im 19. Jahrhundert. Obwohl die Stadtforschung in jüngster Zeit zahlreiche Publikationen zur Frage von Urbanität und öffentlichem Raum hervorgebracht hat, stand die Rolle von Straßenmöbeln mit Blick auf deren Wirkungsebenen und Bildhaftigkeit bislang kaum im Fokus der Analysen. Vor allem fand die Systemebene, die sich im 19. Jahrhundert durch eine innovative Integration von Administration, Technik, Industrie und Kunst auszeichnete, keine gebührende Beachtung. Selbst in Studien zu zentralen Figuren der Pariser Administration wie dem Verwaltungsdirektor Adolphe Alphand oder dem Kommunalarchitekten Gabriel Davioud wurde diese allenfalls als Blackbox behandelt. Ihr sind indes gesellschaftliche Prämissen, Normen und Effekte eingelagert, ohne deren Analyse das Straßenmobiliar und der öffentliche Raum nicht angemessen zu beschreiben sind. Um das operative Potenzial des Straßenmobiliars näher bestimmen zu können, so der Ausgangspunkt des Projekts, reicht es nicht aus, einzelne Artefakte zu betrachten. Straßenlaternen, Sitzbänke, Zeitungskioske und Plakatsäulen, in Serie her- und aufgestellt, sind als ästhetische Komponenten einer technischen Infrastruktur zu nehmen, die die frühmoderne Stadt als Ganze durchdrungen und modelliert hat. Eine zentrale Aufmerksamkeit kommt daher dem Ensemble der Artefakte zu, in dem alle Elemente dem Prinzip der Wiederholung durch Standardisierung unterliegen. Die Repetition der Objekte und Konstellationen im öffentlichen Raum führt zu sich wiederholenden Handlungsmustern, wodurch der Mobilier urbain als das Gemeinsame verstanden werden kann, das geteilt wird. Indem das Forschungsprojekt das Straßenmobiliar von der Herstellung über die Praktiken und Routinen seiner Alltagsbenutzung bis zu seiner Wahrnehmung in den Bildmedien analysiert, wird jenes Netz von Komplexitäten fokussiert, in dem sich der espace partagé und der politische konnotierte Begriff der Partizipation verorten. Die theoriegeleiteten Fragestellungen, die die Verknüpfung von klassischer Ästhetik, technischer Infrastruktur und technokratischer Verwaltung zentral stellen, werden durch eine breit angelegte Recherche in den Archives nationales, den Archives de Paris und der Bibliothèque de l’Hôtel de Ville de Paris an die konkrete historische Bestimmung von Öffentlichkeit zurückgebunden. Der Fortsetzungsantrag begründet sich einmal aus der immensen zeitlichen Verzögerung der Recherchearbeiten von rund eineinhalb Jahren, die die Corona-Pandemie verschuldet hat, zum anderen aus wesentlichen Perspektiverweiterungen, die sich den Zwischenergebnissen bzw. der Einsicht verdanken, dass auch die Kehrseiten des öffentlichen Ordnungsraums, nämlich Fehlplanungen, Systemschwächen und Konfliktfelder, die Geschichte der urbanen Moderne mitkonstituiert haben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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