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Jenseits der Dyade: Die Effekte von Datenaustausch in Unternehmensnetzwerken auf den Privacy Calculus (Revision)
Antragsteller
Professor Dr. Jan Hendrik Schumann; Professor Dr. Thomas Widjaja
Fachliche Zuordnung
Accounting und Finance
Förderung
Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 440654785
Bisherige Forschungsarbeiten erklären Entscheidungen über die Datenpreisgabe von Konsumenten überwiegend mit dem „Privacy Calculus“, welcher von einer rationalen Risiko-Nutzen-Abwägung ausgeht. Studien auf dieser theoretischen Grundlage untersuchten vor allem dyadische Beziehungen zwischen Konsumenten und einem Unternehmen. Aktuelle Technologien ermöglichen jedoch die Erfassung, Speicherung und Analyse von Konsumentendaten in bislang ungekanntem Ausmaß und erlauben so neue Geschäftsmodelle die über die Konsumenten-Unternehmens-Dyade hinausgehen und auf der Sammlung und dem Handel von Konsumentendaten in Firmennetzwerken basieren. Wir bezeichnen solche Praktiken – in unserem englischen Antragstext – als „business network data exchange“ (BNDE). Typischerweise erhalten Konsumenten in Firmennetzwerken, die BNDE praktizieren, digitale Dienstleistungen für die Preisgabe persönlicher Daten. Im Gegenzug können die Nutzerdaten von allen Firmen im Netzwerk genutzt werden. Beispielsweise verwendet der Musik-Streaming-Dienst Spotify Nutzerdaten in einem Firmennetzwerk von Werbetreibenden, Konzertanbietern und weiteren Drittfirmen. Auch traditionelle Branchen wie Einzelhandel, Luftfahrtindustrie oder Automobilindustrie entwickeln vermehrt BNDE-basierende Geschäftsmodelle, um gemeinsam mit Technologieunternehmen Kundendaten zu monetarisieren. Bei der Erklärung von Konsumentenentscheidungen über die Datenpreisgabe an ein Firmennetzwerk stößt die etablierte Privacy-Calculus-Theorie an ihre Grenzen und muss von der dyadischen Perspektive zu einer Netzwerkperspektive erweitert werden. Zudem nimmt die Mehrheit der bisherigen Studien zu Entscheidungen über die Datenpreisgabe eine rationale Kosten-Nutzen-Abwägung an. Ein rein rationaler Ansatz kann im BNDE-Kontext jedoch nicht ausreichen, da die Konsumenten mit einem hohen Grad an Unsicherheit konfrontiert sind, die daher rührt, dass die Daten an ein ganzes Netzwerk unbekannter Firmen preisgegeben werden. Aufgrund dieser Unsicherheit werden sich Konsumenten im BNDE-Kontext stärker durch ihre affektiven Reaktionen beeinflussen lassen, statt sich bei ihren Entscheidungen ausschließlich auf eine rationale, kognitive Kosten-Nutzen-Abwägung zu verlassen.Das vorgeschlagene Projekt verfolgt vier Ziele. Erstens wollen wir aufzeigen, dass affektive Prozesse für die Datenfreigabeentscheidung von Konsumenten in BNDE-Kontexten eine entscheidende Bedeutung haben. Zweitens wollen wir untersuchen, welchen Einfluss die Eigenschaften des Austauschprozesses zwischen Kunde und Firmennetzwerk auf das affektive und kognitive Verarbeiten von BNDE-Situationen haben. Drittens wollen wir verstehen, welchen Einfluss Netzwerkcharakteristika auf Entscheidungen über die Datenpreisgabe im BNDE-Kontext haben. Viertens wollen wir mit unseren praktischen Implikationen dazu beitragen, dass Konsumenten bessere Entscheidungen treffen können und zudem Firmen helfen, ihre BNDE-Netzwerke so zu gestalten, dass sie bei den Konsumenten auf Akzeptanz stoßen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen