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Wehrmacht und sowjetische Kriegsgefangene in Russland, 1941-1944

Antragsteller Privatdozent Dr. Andreas Hilger (†)
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 440787703
 
Die Mehrheit der insgesamt knapp sechs Millionen sowjetischer Kriegsgefangener in deutschem Gewahrsam gelangte nicht in das Heimatkriegsgebiet, sondern verblieb oder starb in den besetzten Gebieten. Dieser Teil der NS-Massenverbrechen ist bisher nicht systematisch aufgearbeitet. Für die besetzten sowjetischen Gebiete liegen bislang lediglich Überblicke im Gesamtkontext deutscher Kriegsführung und Militärbesatzung vor, die sich auf die Jahre 1941/1942 konzentrieren und die eigentlichen russischen Regionen weitgehend außen vorlassen. Zudem ist die zweite Kriegshälfte generell weit weniger gut erforscht. Das Projekt setzt sich zum Ziel, diese Lücke zu schließen. Es konzentriert sich daher in der Anlage auf der Grundlage von zum großen Teil neu erschlossenen Archivbeständen deutscher und sowjetischer Provenienz auf den Herrschaftsbereich der Wehrmacht in Russland und dehnt den chronologischen Fokus bis 1944 aus. In einem multiperspektivischen Ansatz werden die Behandlung von Gefangenen sowie die Erfahrung von Gefangenschaft im Spannungsverhältnis zwischen teils widersprüchlichen politisch-ideologisch-militärischen Ziel-vorgaben, dem Kriegsgeschehen und den Grundverständnissen sowie Zielen der Akteure der Wehrmacht in Russland ausgelotet. Indem in dichten Beschreibungen Wege und Erfahrungen individueller Kriegsgefangener bzw. Kriegsgefangenengruppen nachgezeichnet werden, kann dabei die differenzierte Erfahrung von Gefangenschaft erfasst werden. Regionalstudien zu den Heeresgruppen Nord, Mitte und Süd gewährleisten neben der chronologische Dehnung vor allem die differenzierte Analyse des Spannungsfelds von deutscher Politik, Wehrmacht und Kriegsentwicklung; aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mussten die ursprünglich vorgesehenen Regionalstudien (Region Smolensk, das Dreieck Velikij Novogorod-Pskov-Leningrad, die Linie Kursk-Voronež sowie die Räume Krasnodar und Stalingrad/Rostov an die neuen Archivbedingungen angepasst werden, um den konzeptionellen Zugriff zu erhalten. Damit bietet das Projekt einen hoch relevanten Beitrag zur Ausleuchtung des „Erinnerungsschattens“, in dem sich das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen auch über 78 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs befindet. Die intensive wissenschaftliche Beschäftigung mit völkerrechtlichen Dimensionen von Kriegsgefangenschaft, deutschen Kriegsverbrechen und der Erfahrung von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener – Russen, Ukrainern, Belarussen, Georgiern, Kasachen usw. - hat mit dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem entsprechenden Missbrauch der Geschichte durch die russische Staatsführung zur eigenen Legitimierung noch an aktueller politisch-gesellschaftlicher Relevanz gewonnen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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