Identifizierung und funktionelle Charakterisierung neuer monogener Ursachen und modifizierender genetischer Faktoren der Nephronophthise
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Nephronophthisis (NPH) ist eine autosomal rezessive tubulointerstitielle Nierenerkrankung, die die häufigste genetische Ursache für chronisches Nierenversagen bei Kindern darstellt. Sie lässt sich dem heterogenen Formenkreis der Ziliopathien zuordnen, denen dysfunktionale Signalwege primärer Zilien zugrunde liegen. Bislang gibt es keine spezifische Therapie für die NPH. Um therapeutische Ansätze zu entwickeln ist die genaue Erforschung pathophysiologischer Mechanismen und Signalwege notwendig. Das Ziel meines Forschungsprojektes im Labor für erbliche Nierenkrankheiten von Sophie Saunier war es, neue krankheitsverursachende NPH Gene zu identifizieren und sie funktionell zu charakterisieren, um neue Pathomechanismen der NPH zu dechiffrieren. Mit Antritt meines Stipendiums, hatte gerade die COVID-19-Pandemie begonnen, so dass ich zunächst ein Projekt bearbeitete, das die Untersuchung einer der weltweit größten NPH- Kohorten, die an meiner Gastgeberinstitution zusammengetragen worden war, beinhaltete. Dabei ergab die genetische Untersuchung von 600 NPH-Patienten insgesamt 788 pathogene Varianten in 40 Ziliopathie assoziierten Genen. Die Human Gene Mutation Database (HGMD) Datenbank wurde entsprechend um 168 neue Varianten erweitert. Es konnte gezeigt werden, dass die phänotypische Variabilität zu einem großen Teil mit den Mutationstypen und Genen assoziiert. Ferner konnten wir mittels eines Ansatzes, der auf den ziliären Modulen basiert, phänotypische Cluster identifizieren, die die Prognose der Niereninsuffizienz und das Auftreten der extrarenalen Symptome besser voraussagt. Anschließend begann ich mein initial geplantes Projekt, in dem ich die WES-Daten von klinisch diagnostizierten NPH-Patienten analysierte, deren Genpanel-Analyse keine pathogenen Variante nachgewiesen hatte. WES identifizierte bei 35 % der Patienten eine genetische Diagnose, wobei die Detektionsrate bei Patienten mit frühem Nierenversagen, syndromaler Erkrankung und konsanguinen Eltern höher war. Zum einen wurden hypomorphe Varianten, z. B. Missense-Varianten oder Varianten unbekannter Signifikanz (VUS) in bekannten Ziliopathie assoziierten Genen nachgewiesen, zum anderen ergaben sich pathogene Varianten in Nephropathie assoziierten Genen (Nephrotisches Syndrom, Fokal segmentaler Glomerulosklerose (FSGS)), die die klinischen Merkmale der NPH phänokopierten. In ähnlicher Weise ahmten pathogene Varianten in systemischen Erkrankungen wie Primärer Hyperoxalurie, Shukla-Vernon- Syndrom und kortikaler Dysplasie die Symptome der extrarenalen Ziliopathiesymptome nach. Schließlich ergab die WES-Analyse die Identifikation von vier potenziellen Ziliopathie- Kandidatengenen, von denen eines im Folgenden funktionell untersucht wurde. In einer Familie mit zwei an NPH erkrankten Kindern wurden bisher nicht beschriebene compound-heterozygote SSBP1-Varianten nachgewiesen. SSBP1 spielt eine Schlüsselrolle in der mitochondrialen DNA-Replikation und wurde bereits in Patienten mit Optikusatrophie mit oder ohne begleitende Nierenerkrankung berichtet. Bisher wurde SSBP1 jedoch nicht systematisch als Nephropathie verursachendes Gen untersucht und der Zusammenhang zwischen mitochondrialer Fehlfunktion und tubulointerstitieller Nephropathie ist unbekannt. Unsere Immunfluoreszenzstudien an Nierenbiopsien bestätigten die mitochondriale Kolokalisierung von SSBP1 und eine signifikant niedrigere Genexpression bei Patienten. Mithilfe der CRISPR-Cas9-Technologie haben wir compound-heterozygote SSBP1-Klone für die Analyse der mitochondrialen Funktion und Morphologie generiert. Im nächsten Schritt möchten wir analysieren, inwieweit die mitochondriale Dysfunktion ursächlich für die tubulointerstitielle Nierenerkrankung ist, und ob es sich um einen Zilien-vermittelten Mechanismus oder um einen anderen Signalweg handelt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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The genetic landscape and clinical spectrum of nephronophthisis and related ciliopathies. Vortrag Jahreskongress Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). 10/2022 Berlin
Petzold F.
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The genetic landscape and clinical spectrum of nephronophthisis and related ciliopathies. Kidney International, 104(2), 378-387.
Petzold, Friederike; Billot, Katy; Chen, Xiaoyi; Henry, Charline; Filhol, Emilie; Martin, Yoann; Avramescu, Marina; Douillet, Maxime; Morinière, Vincent; Krug, Pauline; Jeanpierre, Cécile; Tory, Kalman; Boyer, Olivia; Burgun, Anita; Servais, Aude; Salomon, Remi; Benmerah, Alexandre; Heidet, Laurence; Garcelon, Nicolas ... & Ziliotis, Marie-Julia
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The genetic landscape and clinical spectrum of nephronophthisis and related ciliopathies. Vortrag Jahreskongress Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN). 05/2023 Marburg
Petzold F.
