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Bestimmung der natürlichen Immunität gegen das Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Frauen im gebärfähigen Alter und Kindern, die zwischen März 2020 und Mai 2021 geboren wurden, im Kontext einer begrenzten RSV-Exposition während der COVID-19-Pandemie – eine prospektive 3-Jahres-Längsschnitt-Kohortenstudie

Antragsteller Dr. Frederic Reicherz
Fachliche Zuordnung Kinder- und Jugendmedizin
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 441616475
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vor der COVID-19-Pandemie war das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) einer der Hauptursachen für untere Atemwegsinfektionen bei Kleinkindern (<2 Jahre) während der Wintermonate (November-April). Durch nichtpharmazeutischen Interventionen zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie, z.B. erweiterte hygienische Maßnahmen, Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen, Isolationsmaßnahmen, kam es weltweit zur Abwesenheit von sonst üblichen Atemwegserkrankungen, z.B. Influenza und RSV, sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen. In den nachfolgenden zwei Jahren (2021-2023) wurden die pädiatrischen Gesundheitssysteme weltweit überwältigt von ungewöhnlichen starken RSV-Epidemien. Es wird nachgewiesen, dass die Immunität in der Allgemeinbevölkerung signifikant nachgelassen hat und somit ein deutlich reduzierter Nestschutz gegen RSV bei Säuglingen vorlag. Wenig ist jedoch bekannt darüber wie schnell die Re-Etablierung einer solchen Immunität von statten geht. Das Ziel dieser Studie war es die zeitliche Dynamik der Re-Etablierung einer solchen Herdenimmunität gegen RSV in einer immunologischen 4-Jahres-Längsschnittstudie bei Kleinkindern und Frauen im gebärfähigen Alter (18-51 Jahre) zu untersuchen (2020-2023). Aufgrund einer mangelnden Rekrutierung in der Säuglingskohorte (Wiedereinschlussrate in 2022 bei lediglich 3%), konnte diese prospektive Studie nur mit Frauen im gebärfähigen Alter durchgeführt werden. Zur Validierung anhand einer zweiten, unabhängigen Kohorte, wurden neben weiblichem Klinikpersonal, auch weibliches Schulpersonal mit in die Studie aufgenommen. Die Daten dieser prospektiven Studie (2020-2023) zeigen an zwei unabhängigen Kohorten [weibliches Klinikpersonal (n=18, 18-51 Jahre) und weibliches Schulpersonal (N=125, 18-51 Jahre], dass die Abwesenheit von RSV während des Winters 2020/21 einen deutlichen Einfluss auf die humorale RSV-spezifische Immunität hatte. Frauen im gebärfähigen Alter hatten eine statistisch signifikante Reduktion in der Antikörperquantität (RSV Prefusion F-spezifische IgG-Antikörperspiegel) als auch in der Antikörper-Funktionalität [in-vitro Lebendvirus-Neutralisation (NT95) und in-vitro Phagozytose (ADCP)] ein Jahr nach Beginn der Pandemie (2021 vs. 2020), mit einem konsekutiven Wiederanstieg nach Re-Exposition im Jahr 2022 und 2023. Das Erreichen eines prä-pandemisches Niveaus war für die verschiedenen Antikörperfunktionen unterschiedlich schnell erreicht worden. NT95 war bereits 1 Jahr nach Re-Exposition wiederhergestellt (2020 vs. 2022, p>0.05), während ADCP erst nach 2 Jahren (2020 vs. 2023, p>0.05) wiederhergestellt war. Die Neutralisationsdaten allein konnten die zweite atypische RSV-Epidemie in 2022/23 somit nicht erklären. Die ADCP-Daten hingegen korrelieren zeitlich sehr gut mit den epidemiologischen Daten. Im (Affen-) Tiermodell konnte bereits gezeigt werden, dass ADCP (neben anderen RSV-spezifischen Fc-Rezeptorfunktionen) gut mit einer schweren RSV-Infektion korreliert. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen den zeitlichen 4-Jahresverlauf dieses neuen Markers in menschlichen Serumproben. Zukünftig könnte die RSV-spezifische ADCP-Funktionalität möglicherweise als neuer Marker für einen ausreichendenden protektiven Nestschutz bei Säuglingen, sogenannter „Correlate of Protection", dienen. Hierzu sind jedoch weitere, größere Studien notwendig die sowohl gesicherte Positiv- und Negativkontrollen einschließen. Das bisherige Dogma, dass Erwachsene eine lebenslange Immunität gegen RSV aufweisen, ist mit dieser Studie nun anhand mehrer funktionell-immunologischer Parameter endgültig widerlegt worden.

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