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Vervielfältigung: Modernität, Massenkultur, Gender in den USA, 1910-1933
Antragstellerin
Professorin Dr. Ruth Mayer
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Theater- und Medienwissenschaften
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung
Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 441690833
Dieses Projekt erforscht die US-amerikanische Massenkultur des frühen 20. Jahrhunderts im engen Bezug auf ihre transatlantische Zirkulation. Es reagiert auf den Umstand, dass die großen Tanzrevuen der 1910er und 20er Jahre emblematische Bedeutung für die Industriemoderne insgesamt erhielten. Die Korrespondenzen zwischen diesen hyper-organisierten Unterhaltungsformaten und dem System der taylorisierten Massenproduktion liegen auf der Hand und wurden zum Ausgangspunkt für zahlreiche theoretische Annäherungen an die Massenkultur ab 1910. Diese kritische Auseinandersetzung kulminierte wohl in Siegfried Kracauers Reflexionen zum „Ornament der Masse“ von 1927. Was Kracauer und andere Kritiker*innen vor und nach ihm als wesentliche Signatur der Moderne identifizierten, adressiert dieses Projekt als Ästhetik der Vervielfältigung. Das bedeutet, Massenkultur nicht zuallererst als den Motor der Veränderung und Überbietung zu verstehen, der sie unbestreitbar auch ist, sondern den Fokus der Auseinandersetzung auf eine Produktivität zu legen, die rein mechanisch und imitativ erscheint. Im Gegensatz zu einschlägigen jüngeren Theorien, die Pluralisierung und Diversität als die elementaren Prinzipien des Massenkultur hervorheben (Makropoulus), zielt dieses Projekt darauf, das kreative Potenzial der Vervielfältigung zu würdigen und neu zu fassen. Damit reagiert es auch auf die Tendenz, eine ‘gute’ (subversive, diverse, puralistische) Populärkultur einer ‘schlechten‘ (repetitiven, stupiden, angepassten) Massenkultur zu konfrontieren und diese Gegenüberstellung implizit mit geschlechtlich besetzten Attributen zu versehen. Bezeichnenderweise wird Vervielfältigung, ebenso wie ihre Begleitfaktoren von Exzess, Wucherung und Wachstum (im Gegensatz zu Fortschritt) oft als feminine Qualität charakterisiert. Das schreibt eine Wahrnehmung der Massenkultur ‘als Frau’ (Huyssen) fort und kompliziert sie gleichzeitig. Das Projekt gliedert sich in drei Unterprojekte. UP1 befasst sich mit der Manifestation der Ästhetik der Vervielfältigung in den überlappenden kreativen Feldern von Varieté und Film im engen Bezug auf weibliche Handlungsmacht - auf Tänzerinnen, Schauspielerinnen, Regisseurinnen, Autorinnen und weibliche Figuren, die Verfahren der Vervielfältigung montieren und approbieren. UP2 nähert sich der vervielfältigenden Kraft modernistischer Körperkulturen und spürt ihnen von der Entfaltung in Sport, Gymnastik und Tanz bis in modernistische experimentelle Lyrik nach. UP3 erforscht die Aussagekraft von Körperbildern in Fotografie und grafischer Kultur einerseits und im Medium des modernistischen Scrapbook andererseits. Alle drei Unterprojekte befassen sich mit Materialien, die bislang nicht zum Gegenstand der Forschung wurden und verbinden diese Lektüren mit Neubetrachtungen einschlägiger Texte der Massenkulturkritik des frühen 20. Jahrhunderts.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen