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Retrotopia für die maritime Vergangenheit an der indischen Westküste
Antragstellerin
Deepra Dandekar, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Asienbezogene Wissenschaften
Asienbezogene Wissenschaften
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 442167561
Ziel dieses Forschungsprojektes ist die Untersuchung der historischen Prozesse, durch welche Muslime im postkolonialen Indien nach 1947 als 'indigene' religiöse Minderheiten legitimiert und anerkannt wurden. Dies soll an Hand eines Fallbeispiels aus der Küstenregion des westlichen Indien erreicht werden. Das Projekt, methodologisch verortet in der neueren und neuesten Geschichte, bedient sich einer Kombination aus Ansätzen der Oral History und der Analyse lokalsprachlicher Quellen in der Marathisprache aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, um die Anliegen lokalsprachlicher Historiographie unter Muslimen im postkolonialen westlichen Indien zu untersuchen. Der Fokus wird auf der Beschreibung und Analyse der Entstehung eines Indigenitätsdiskurses unter Muslimen an der Konkan-Küste des Bundesstaates Maharashtra liegen. Zu diesem Zweck wird sich das Projekt der Methoden der Oral History, der Archivforschung und der Analyse lokalsprachlicher Geschichtsschreibung bedienen.Geschichtsschreibung unter Konkani Muslimen ist charakterisiert durch eine deutlich positive Bewertung der Rolle, welche transozeanische Netzwerke in der Region gespielt haben, durch welche Indien mit Afrika und dem Mittleren Osten in einer Süd-Süd Verbindung verflochten wurde. Das Projekt greift dabei auf ein Verständnis dieser Darstellung der Vergangenheit des Indischen Ozeans als 'retrotopisch' zurück. Retrotopia ist ein von Zygmunt Bauman entwickeltes Konzept, nach welchem Individuen und Gemeinschaften ohne Aussicht auf eine glückliche Zukunft utopische Ideen zurückweisen, um stattdessen ihre Identität aus einer idealistischen und ermächtigenden Vorstellung der Vergangenheit zu schöpfen. Dieses Projekt wird den Anklang untersuchen, welchen Retrotopia unter Konkani Muslimen in ihren Anstrengungen findet, als indigene Gemeinschaft in Maharashtra akzeptiert zu werden.Das Gesamtziel dieser Studie ist es, zu einem besseren Verständnis der Indigenitätsansprüche von Muslimen in Indien seit der Teilung von Pakistan im Jahre 1947 beizutragen. Auch nach der Teilung bilden Muslime weiterhin die größte religiöse Minderheit in Indien. In zunehmendem Maße werden sie aber als Außenstehende mit Pakistan und Bangladesh assoziiert, besonders seit dem Aufstieg Hindu-nationalistischer Politik in den jüngsten Jahrzehnten. Da muslimische Politik im Rahmen der Teilung größtenteils auf Nordindien konzentriert war, ist es das Ziel dieses Projektes, zu analysieren, welche Möglichkeiten lokalsprachliche Geschichtsschreibung Muslimen in anderen Regionen Indiens bietet, Anspruch auf Zugehörigkeit und einen Status als Autochthone zu erheben. Der Bundesstaat Maharashtra bildet in dieser Hinsicht eine besonders interessante Fallstudie, da hier bereits seit langer Zeit Hindu-nationalistische Politik die Öffentlichkeit dominiert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen