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Wie groß sind tektonisch bedingte Abweichungen von lithostatischem Druck in einer kontinentalen, lithologisch vielfältigen Ultrahochdruck-Decke (Koralpe-Saualpe-Pohorje-Komplex, Österreich und Slowenien)?

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 442578564
 
Rheologische Eigenschaften bestimmen, wie sich Gesteine in anisotropen Spannungsfeldern verformen. Große Festigkeitsunterschiede von Gesteinen führen unweigerlich zu einer Abweichung der mittleren Normalspannung (d.h. des Drucks) vom lithostatischen Druck. Mehreren theoretischen Studien zufolge erreichen diese Abweichungen Hunderte MPa und beeinflussen daher die petrologische Druckentwicklung des Gesteins. Die von Gesteinen aufgezeichneten Drücke werden häufig benutzt, um aus Druck die Versenkungstiefe abzuschätzen. Diese Abschätzungen nehmen meistens an, der Druck sei rein lithostatisch und können deshalb fehlerhaft sein. Eindeutige Belege für tektonisch bedingte Abweichungen vom lithostatischen Druck sind aber sehr selten und ihre Größenordnung sind weitgehend unbekannt. Wir schlagen einen neuartigen Ansatz zur Bestimmung der Größenordnung der Abweichungen anhand systematischer Vergleiche der in verschiedenen Gesteinsarten (vornehmlich Eklogite und Metapelite) aufgezeichneten Maximaldrucke vor, die wir entlang eines Profils durch eine alpine Ultrahochdruckdecke parallel zu ihrer Subduktionsrichtung ermitteln. Stimmen solche Druckprofile für verschiedene Gesteinsarten überein, ergeben sich keine Hinweise für signifikanten tektonischen Überdruck. Gibt es jedoch systematische Abweichungen, weist das auf verschiedene rheologische Eigenschaften der Gesteine hin und kann am einfachsten durch tektonischen Überdruck erklärt werden. Daten aus der vorhandenen Literatur legen nahe, dass das auf den Austroalpinen Koralpe-Saualpe-Pohorje Komplex (KSP) zutrifft. Ein zweiter Ansatz im Aufschlussmaßstab basiert auf der Untersuchung eventueller strukturell kontrollierter tektonischer Druckunterschiede in der weicheren Matrix um feste Linsen oder Lagen. Gesteinsproben werden mit thermobarometrischen Methoden untersucht, die von komplexen Mineralreaktionen möglichst unabhängig sind. Falls die Gesteine keine Belege für tektonischen Überdruck liefern, würde das geodynamische Modelle unterstützen, denen eine lithostatische Druck-zu-Tiefe-Umrechnung zugrundeliegt. Andernfalls sollten kinematische und geodynamische Modelle mögliche tektonisch bedingte Abweichungen vom lithostatischen Druck auch für andere (Ultra)hochdruck-Einheiten berücksichtigen. Wir werden ein orogenparalleles Profil durch den KSP konstruieren und dieses Profil kinematisch abwickeln. Bei dieser Abwicklung werden wir die maximal Versenkung des KSP ebenfalls anhand des Druckes abschätzen, dabei der Möglichkeit tektonischen Überdrucks Rechnung tragen. Ziel dieser Rekonstruktion ist eine Abschätzung der Bewegungsraten des KSP in der eo-alpinen Subduktionszone und des Volumens versenkter und nicht wieder exhumierter kontinentaler Kruste. Diese Abschätzungen für die eo-alpine Subduktionszone können Hinweise auf den Anteil kontinentaler Kruste in Slabs liefern, die unterhalb der Alpen nachgewiesen wurden und im Zuge des SPP 2017 mittels seismischer Methoden detailliert untersucht werden sollen.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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