Detailseite
Projekt Druckansicht

Zweite-Welt-Musik: Lateinamerika, Ostdeutschland und der Schallkreis des Sozialismus

Antragstellerin Sydney Hutchinson, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 443306118
 
Während “Weltmusik” erst in den 1980er Jahren eine wichtige musikalische Kategorie und Ware im Westen wurde, hatte im Ostblock eine einsetzende Weltmusikpraxis bereits Gestalt angenommen – jedoch mit anderen ideologischen Komponenten und Zirkulationsformen. Dieses Projekt betrachtet das global ausgerichtete „Festival des politischen Liedes“, das ab 1970 in Berlin stattfand, ostdeutsche Radiosendungen, den künstlerische und akademischen Austausch, sowie Gesellschaftstänze in der DDR, um zu zeigen, wie kultureller und musikalischer Austausch verschiedene Völker der sozialistischen Welt verband, musikalische Klänge und Praktiken veränderte und neue Formen der Solidarität und kosmopolitischen kulturellen Formationen erzeugte. Obwohl nach 1989 „Zweite-Welt-Musiken“ in den westlichen Weltmusikmarkt verstärkt Einzug hielten, sind bis dato Zweite-Welt-Praktiken des internationalen Musikaustausch vom akademischen Weltmusikdiskurs weitgehend ignoriert worden. Diese Auslassung führt zu einem reduzierten Verständnis dessen, was ich unter dem Begriff „Schallkreis des Sozialismus“ zusammenfasse: das Weltmusikphänomen, Soundscapes im Kalten Krieg und internationale Beziehungen und Vorstellungen, die zum Teil bis heute andauern.Dieses Projekt konzentriert sich auf eine bestimmte Richtung musikalischen und choreographischen Austausches: zwischen der DDR und Kuba, Ostdeutschlands wichtigstem Partner in der westlichen Hemisphäre; zudem werden Einflüsse anderer lateinamerikanischer Sozialismen (wie Chile, Nicaragua) in beiden deutschen Staaten berücksichtigt. Das Projekt basiert auf Primärquellen aus Archiven und ethnographischen Quellen einschließlich Ton-, Film-, Konzertaufnahmen sowie entsprechender Ephemera, oral history Interviews auf beiden Seiten des Atlantiks sowie der Analyse politischer Strategiepapieren. Aus diesem Material ergeben sich konkrete Beispiele, die illustrieren, wie sich die „Zweite Welt“ selbst erfand und sich gegenüber der Welt als eine internationale politische und künstlerische Bewegung darstellte. Dies geschieht im Bemühen, Darstellung des Lebens jenseits eines vielleicht erstaunlich durchlässigen „Eisernen Vorhangs“ zu korrigieren und um weitreichende und einflussreiche kulturelle Bewegungen aufzuzeigen, die bislang wenig untersucht wurden. Die in diesem Projekt analysierte Geschichte zeigt Ostdeutsche - eine Gruppe, die gegenwärtig mit einer wachsenden fremdenfeindlichen Bewegung der politischen Rechten in Verbindung gebracht wird -, als eine Bevölkerung die einmal international, kosmopolitisch und Fremden gegenüber offenen war. Das Projekt hilft auch die Haltung heutige Deutscher gegenüber Kuba, kubanischer Musik und Tanz zu erklären. Ergebnisse werden in Form einer Monograph sowie zweier peer-reviewter Artikel veröffentlicht. Darüber hinaus wird es audiovisuelle Ausstellung im Humboldt Forum geben, das gerade am Ort, an dem zwei Jahrzehnte lang das „Festival des politischen Liedes“ stattfand, gebaut wird.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung