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Die Startbahn. Der Konflikt um den Ausbau des Frankfurter Flughafens 1962–1987

Antragsteller Dr. Michael Schüring
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2020 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 444008795
 
Die Erweiterung des Frankfurter Flughafens durch den Bau der Startbahn 18 West wurde über mehr als zwei Jahrzehnte lang von vehementen Protesten begleitet. Die Studie will klären, warum gerade dieses Projekt bei Anwohnern und Umweltschützern eine so große und dauerhafte Gegenwehr hervorgerufen hat und warum trotzdem so hartnäckig daran festgehalten wurde. Es handelt sich um einen objektzentrierten Ansatz, der, dem „Material Turn“ in den Science and Technology Studies folgend, die Materialität und den raumgreifenden Charakter des Bauwerks zum Ausgangspunkt für seine ökologischen, sozialen, politischen und kulturellen Konsequenzen macht. Welche Eigenschaften des Objekts motivierte die Gegner, welche Visionen und Versprechen motivierten die Planer und Befürworter?Die Startbahn wurde abgelehnt wegen der gesteigerten Lärmbelastung und der geplanten Abholzung eines Waldstückes, das zur Naherholung genutzt wurde. Was zunächst als „not-in-my-backyard“ Reaktion der Anwohner gewertet werden könnte, wuchs jedoch bald über den regionalen Kontext der Betroffenheit hinaus und erzeugte landesweite Solidarisierungseffekte. Bei der Startbahn handelte es sich jedoch nicht etwa um die Einführung einer neuen Technologie, deren Risiken schwer einzuschätzen waren. Auch gab es, wie bei der Kernenergie, kein Entsorgungsproblem, und Ausstiegsszenarien (wie bei anderen Formen der Energieerzeugung) kamen auch nicht in Betracht. Man muss also klären, was bei diesem Projekt für Gegner und Befürworter eigentlich auf dem Spiel stand. Die erkenntnisleitende Hypothese lautet, dass die Startbahn zu einem Sinnbild für ein technokratisches Regime geworden war, das nach Ansicht ihrer Gegner erhebliche Demokratiedefizite aufwies. Die Startbahn veränderte den Raum unmittelbar um sie herum, in der Region und bezüglich einer weltweiten Aeromobilität. Sie veränderte aber auch den gesellschaftlichen, den politischen und den kulturellen Raum. Sie schuf eine neue Protestkultur und verschob das Parteiengefüge im Land Hessen und letztlich auch im Bund. Man kann von einer doppelten Mobilisierung sprechen. Das Projekt mobilisierte eine soziale Protestbewegung und es versprach eine gesteigerte Mobilität von Flugreisenden im globalen Kontext. Der Ansatz der Studie strebt eine Verbindung von konkreten Eigenschaften des Objektes mit seinen kulturellen Bedeutungen an. Die Startbahn stand im Zentrum verschiedener Netzwerke, deren materielle und soziale Verknüpfungen im Konflikt zwischen zivilgesellschaftlicher Solidarisierung und expandierenden Infrastrukturen gespannt waren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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