Detailseite
Projekt Druckansicht

Die circadiane Uhr der Madeira Schabe

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 444683199
 
Die nachtaktive Madeira Schabe ist ein etabliertes Modell der Chronobiologie. Unsere Läsions- und Transplantationsexperimente zeigten, dass die akzessorische Medulla (AME), ein kleines Neuropil im optischen Lobus des Schabengehirns, das circadiane Schrittmacherzentrum der Schabe ist. Charakteristisch für circadiane Uhren in verschiedenen Organismen ist ihre ungewöhnlich hohe Dichte an zum Teil kolokalisierten Neuropeptiden. Vergleichbar mit dem suprachiasmatischen Nukleus des Menschen steuert die circadiane Uhr der Schabe Rhythmen in Physiologie und Verhalten durch tageszeitabhängige Neuropeptid-Freisetzungen. Unsere vorläufigen Untersuchungen zeigen, dass die Schabenuhr alle 6 Stunden Neuropeptide sezerniert, die Ensembles von Neuronen synchronisieren, um Uhr-Ausgänge zu schalten. Welche Neuropeptide wann freigesetzt werden und wie diese genau wirken, ist noch in keiner circadianen Uhr bekannt. Hier wollen wir untersuchen, wann und wie das Neuropeptid pigment-dispersing factor (PDF) Ruhe-Aktivitäts (Schlaf-Wach) -Rhythmen steuert. Unsere in vivo und in vitro Experimente zeigten, dass die Freisetzung von PDF zwei antagonistische neuronale Ensembles in der circadianen Uhr rekrutiert, die eine charakteristische, unterschiedliche Morphologie aufweisen. Der circadiane Kopplungsfaktor PDF aktiviert ausschließlich AME Neurone, die in der ipsilateralen Hirnhemisphäre verzweigten, während er gleichzeitig alle PDF-sensitiven Uhrneurone hemmt, die bis in die contralaterale AME projizierten. Schon vorher war bekannt, dass nur contralateral ziehende Uhrneurone die Lokomotionsaktivität der Schabe steuern und dass PDF in Insekten Schlaf-Wach-Rhythmen regulieren. Wie genau dies erfolgt, war bisher unbekannt. Basierend auf unseren Daten entwickelten wir eine neue Hypothese. Wir vermuten, dass jeden Morgen und während des Tages PDF rhythmisch in der AME ausgeschüttet wird, gefördert durch Licht und gehemmt durch Dunkelheit, ebenso wie durch antagonistische Neuropeptide, die erst am Abend ausgeschüttet werden. Der circadiane Kopplungsfaktor PDF synchronisiert also während der Licht-Phase jeden Tages zwei antagonistische neuronale Ensembles im circadianen Schrittmacherzentrum der AME. Er aktiviert die „Morgenzellen“, welche den Schlaf fördern und hemmt gleichzeitig die „Abendzellen“, die Lokomotionsaktivität fördern. Wir postulieren in unserer Hypothese mindestens ein (noch unbekanntes) „Abend-Neuropeptid“, das antagonistisch zu PDF wirkt und antagonistisch von Licht gesteuert wird. Licht hemmt also die Freisetzung dieses „Abendpeptides“, während es die Freisetzung von PDF fördert. Das „Abendpeptid“ hemmt Morgenzellen und aktiviert Abendzellen, antagonistisch zu PDF. In unserem DFG-Antrag wollen wir diese neue Hypothese mittels Massenspektrometrie, Transkriptomanalysen, Calcium Imaging und intrazellulären Ableitungen untersuchen. Ziel ist es den neuronalen Schaltkreis der circadianen Uhr aufzuklären, der PDF-abhängig Schlaf-Wach-Rhythmen in der Schabe steuert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung