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Die Hinterbühne der Freiwilligkeit: Arbeit und soziale Reproduktion im Spannungsfeld von Notwendigkeit und Privileg

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 413222647
 
Im Anschluss an die in der ersten Förderphase erarbeitete Analyse von Freiwilligkeit als Ressource in der digitalen Ökonomie richtet sich das Forschungsinteresse in der zweiten Förderphase auf Freiwilligkeit als relationales Phänomen im Gefüge sozialer Ungleichheit(en). Wir gehen davon aus, dass freiwilliges Handeln – etwa im sozialen Engagement oder in der politischen Aktivität – a) (autonome) Kontrolle über Zeit und Freiräume und damit vor allem Entlastung von der für alle Menschen notwendigen Reproduktionsarbeit erfordert. In diesem Sinne ist Freiwilligkeit b) intersektional systematisch ungleich verteilt und setzt c) oftmals die Delegation von notwendiger Arbeit an (häufig migrantisierte) Dritte voraus, was d) unter den Bedingungen von Digitalisierung und Plattformökonomie erheblich erleichtert wird. Freiwilligkeit wird dementsprechend als tendenziell privilegierte und relationale Ressource untersucht. Das Teilprojekt fragt im deutsch-US-amerikanischen Vergleich danach, wo, für wen und wie Handlungsräume entstehen, die mit freiwilligen Aktivitäten gefüllt werden (können). Das Forschungsinteresse richtet sich somit auf das Bedingungsgefüge von Freiwilligkeit als Privileg, fragt nach der Bedeutung von Formen tendenzieller ‚Unfreiwilligkeit‘ in diesem relationalen Gefüge sowie nach der konstitutiven Rolle von digitalen Infrastrukturen. Methodisch verschiebt sich das Erkenntnisinteresse im Vergleich zur ersten Förderphase von der Erforschung individueller Aktivitäten auf eine – in einem innovativen Mixed-Methods-Design angelegte – qualitative Untersuchung der Ketten von Externalisierung. Den Ausgangspunkt dafür bilden Haushalte, deren Mitglieder sich substanziell freiwillig engagieren. Davon ausgehend werden im zweiten Schritt die dem jeweiligen Haushalt zugehörigen Mitglieder, Dienstleister:innen sowie Beschäftigte in Dienstleistungsunternehmen untersucht, die – oftmals digital vermittelt - notwendige reproduktive Arbeiten übernehmen und damit Freiräume für freiwillige Aktivitäten ermöglichen. Der doppelte Fokus auf die Grenzbereiche und die impliziten (sozialen, ökonomischen) Voraussetzungen von Freiwilligkeit trägt im Rahmen des Gesamtvorhabens der Forschungsgruppe dazu bei, Freiwilligkeit sowohl soziologisch als auch begrifflich-analytisch zu schärfen und zu fundieren. Das Teilprojekt leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag für die Erforschung sozialer Ungleichheit im Kontext von Digitalisierung und Krisen der sozialen Reproduktion im Gegenwartskapitalismus. Neben der Veröffentlichung individueller und gemeinsamer Beiträge der Antragsteller:innen wird der Antragssteller Lorig im Rahmen des Teilprojekts seine kumulative Habilitationsschrift finalisieren.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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