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Horizontalwirkung im Vergleich. Ein Plädoyer für die Geltung der Grundrechte zwischen Privaten.
Antragsteller
Professor Dr. Andreas Kulick
Fachliche Zuordnung
Öffentliches Recht
Förderung
Förderung in 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 445787365
Viel ist zur Wirkung der Grundrechte zwischen Privaten geschrieben worden. Und doch offenbaren jüngere Entwicklungen in der Rechtsprechung - BVerfG: Stichwort Stadionverbot; EuGH: Stichwort Egenberger - und in der Lebenspraxis - Stichwort: soziale Medien -, dass viele Fragen weiterhin ungeklärt bleiben oder neu gestellt werden müssen. Diese Arbeit nähert sich der Horizontalwirkung der Grundrechte aus sechs Perspektiven: analytisch, dogmatisch, anwendungspraktisch, staatsorganisationsrechtlich, ethisch und demokratietheoretisch. Sie sucht zunächst, die zentralen in Literatur und Praxis vorgeschlagenen Konstruktionen der Grundrechtswirkung zwischen Privaten analytisch präzise zu beschreiben und abzugrenzen (Kap. 2). Diese Typisierung ist sodann Grundlage für Vergleich und Bewertung der einzelnen Horizontalwirkungskonstruktionen auf vier Ebenen: Wie verläuft der Diskurs zwischen und innerhalb der jeweiligen Konstruktionen (Kap. 3, A.-0.)? Wie dogmatisch kohärent und konsistent sind diese und wie sehr unterscheiden sie sich letztlich im Ergebnis voneinander?Untersagt das Grundgesetz bestimmte Konstruktionen (Kap. 5)? Und schließlich: Welche der verfassungsrechtlich zulässigen Konstruktionen ist ethisch und/oder demokratietheoretisch, gegebenenfalls hinsichtlich welcher spezifischen Horizontalwirkungsthematik, zweckmäßiger? Ethisch und demokratietheoretisch zeigt sich, dass bei genauerem Hinsehen einerseits die vorherrschende Auffassung erheblich unter Rechtfertigungsdruck gerät, die den Staat, insbesondere die Gerichte, in der Verantwortung sieht, die grundrechtlichen Interessen Privater auszugleichen und zu schützen. Andererseits präsentiert sich eine Geltung der Grundrechte im Sinne eines unmittelbaren grundrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen Privaten keineswegs als so abwegig und unvertretbar wie von vielen Seiten behauptet. Staatsorganisationsrechtliche Vorgaben schließen sie mitnichten zwingend aus. Aus Sicht personaler und politischer Autonomie erweist sie sich sogar vorbehaltlich gesonderter Einzelfallkonstellationen als grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber Ansätzen, die Horizontalwirkung nur staatlich vermittelt zulassen wollen: Sie fördert besser die Willensbildung und Willensrealisierung des Individuums und sie ermöglicht, faktische richterliche Normkreation besser einzudämmen als es die vorherrschende Auffassung vermag. Diese Arbeit plädiert daher für einen modifizierten Ansatz der Grundrechtsgeltung zwischen Privaten. Sie konstruiert ihn für das deutsche Recht unter Einbeziehung rechtsvergleichender und europarechtlicher Erwägungen, sichert ihn theoretisch und dogmatisch ab und weist seine Realisierung primär der Fachgerichtsbarkeit zu.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen