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Angewandte Wissenschaft im Dienst des Staates: Eine Geschichte der angewandten Entomologie im Nationalsozialismus
Antragsteller
Professor Dr. Moritz Epple
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 447390884
Das Anliegen des Forschungsvorhaben ist eine Untersuchung der angewandten Entomologie in Deutschland während des Nationalsozialismus und in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dabei soll insbesondere gezeigt werden, in welchen Formen diese praktisch ausgerichtete Teildisziplin der Biologie, die sich in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis in die späten 1920er Jahre akademisch konsolidiert hatte, im nationalsozialistischen Staat und im Zweiten Weltkrieg erhöhte wissenschaftliche, öffentliche, politische und militärische Aufmerksamkeit und Förderung erfahren hat, und welche institutionellen, personellen und epistemischen Verschränkungen zwischen der Entomologie und dem Staat bestanden. Hierfür werden (a) die führenden institutionellen Einrichtungen der angewandten Entomologie im nationalsozialistischen Staat untersucht, insbesondere das Deutsche Entomologische Institut und die Entomologischen Abteilungen der Biologischen Reichsanstalt und des Hamburger Instituts für Tropenmedizin. Angesichts der wachsenden militärischen Bedeutung der Entomologie (u.a. für die Eindämmung von Krankheiten wie Fleckfieber oder Malaria) sind des Weiteren auch die auf Kriegszwecke ausgerichteten entomologischen Einrichtungen zu untersuchen, so das Entomologische Institut an der Reichsuniversität Posen, die Malaria-Lehrtrupps der Militärärztlichen Akademie und das Entomologische Institut im KZ Dachau. Die Untersuchung gilt ferner (b) den zentralen wissenschaftlichen Akteuren des Feldes, namentlich den Karrieren von Karl Escherich, Erich Martini und Karl Friederichs. Schließlich soll (c) eine Untersuchung der über das Fach hinaus an verschiedene Öffentlichkeiten gerichteten programmatischen Diskurse der Entomologie zeigen, ob und inwiefern sich die fachlichen Anliegen der angewandten Entomologen mit den ideologischen und politischen Anliegen des Nationalsozialismus verflochten.Auf allen drei Untersuchungsebenen soll verfolgt werden, wie der während des Ersten Weltkriegs und in der Weimarer Republik vor allem auf eine chemische Bekämpfung von als Schädlinge ausgewiesenen Insekten ausgerichteten angewandten Entomologie ab den späten 1920er Jahren und noch verstärkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Programm einer auf biologische Methoden ausgerichteten angewandten Entomologie und einer „biologischen Schädlingsbekämpfung“ gegenübergestellt wurde, und wie die Entwicklung der angewandten Entomologie im Nationalsozialismus durch diese Methodenkonkurrenz geprägt wurde. Da die "biologische" Methode in enger Anlehnung an die noch junge Ökologie und ihr Vokabular artikuliert wurde, und insbesondere der Entomologe Karl Friedrichs heute zu den ersten frühen Ökologen in Deutschland gezählt wird, leistet das Forschungsvorhaben auch einen wichtigen Beitrag zu einer Frühgeschichte der Ökologie in Deutschland über die Schwelle 1945 hinaus.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen