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Konvergente Charakteristika kryptischer Arten entlang von Umweltgradienten
Antragsteller
Dr. Jonas Jourdan
Fachliche Zuordnung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 448273043
Das Aufkommen genetischer Methoden führte dazu, dass Arten entdeckt wurden, die man zuvor - anhand morphologischer Charakteristika - nicht auseinanderhalten konnte. Die Familie Gammaridae (Crustacea, Amphipoda) ist dafür ein Paradebeispiel, bei der in jüngster Zeit ein hohes Maß an genetischer Vielfalt entdeckt wurde. Während die genetische Diversität große Beachtung fand, sind mögliche ökologische Unterschiede dieser sog. kryptischen Arten nahezu. Dabei ist es nicht nur aus einer naturschutztechnischen Sicht wichtig die Evolutionsgeschichte eines Artkomplexes zu verstehen, auch aus einer ökologischen Perspektive stellt sich die spannende Frage, inwiefern solche morphologisch nicht unterscheidbare Arten identische Rollen im Ökosystem einnehmen – oder eben nicht. Das Forschungsprojekt greift genau dies auf und wird den augenscheinlichen Widerspruch untersuchen, dass wir in einer jüngsten Studie sogar innerhalb einer genetischen Linie sehr wohl eine phänotypische Differenzierung gefunden haben. Der kryptische Artkomplex Gammarus roeselii ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausbreitung der genetischen Linien ein ideales Modellsystem, um konvergente und individuelle Veränderungen gegenüber Umweltbedingungen zu untersuchen. In drei Teilprojekten werden die folgenden Hypothesen untersucht: 1) Es kommt zu einer phänotypischen Differenzierung innerhalb genetischer Linien entlang von Umweltgradienten, wobei Unterschiede stärker innerhalb, als zwischen genetischen Linien ausgeprägt sind und es konvergente Veränderungen entlang ähnlicher Umweltbedingungen gibt. 2) Die genetischen Linien nehmen unterschiedliche Rollen im Nahrungsnetz der Gewässer ein. Aber auch hier zeigen sich nicht nur Unterschiede zwischen den Linien, sondern auch innerhalb der Linien. Diese Unterschiede können teilweise durch die beobachtete phänotypische Differenzierung erklärt werden und sind damit ein Paradebeispiel für Öko-Evolutionäre Dynamiken. 3) Eine der mindestens 13 beschriebenen kryptischen Linien hat sich in den letzten 150 Jahren massiv in neue Regionen ausgebreitet und andere (einheimische) Arten verdrängt. Während einheimische Arten z.B. in Gewässern mit hoher Pestizidbelastung verschwinden, finden wir diese genetische Linie dort in hohen Dichten. Die Hypothese ist, dass sich ausgerechnet diese genetische Linie ausgebreitet hat, weil sie sich durch ein hohes Maß an adaptiver Plastizität schnell an anthropogene Stressoren anpassen können. Die Anpassungsfähigkeit der einzelnen Linien werden wir beispielhaft anhand von Pestizid- und Thermotoleranzen untersuchen. Unser Forschungsvorhaben wird Mechanismen aufzeigen die dazu führen dass Organismen eine Vielzahl von Phänotypen bilden oder morphologische Konvergenzen ausbilden und dabei wird wichtige Erkenntnisse zum zukünftigen Umgang mit kryptischen Arten liefern und zeigen auf welcher taxonomischen Ebene wir die biologische Vielfalt hinsichtlich Indikator- und Schutzstatus berücksichtigen müssen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen