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Qualifikation und Selektion in der frühen Neuzeit. Eine Absolventenstudie zu Schülern westfälischer Gymnasien 1588-1779.
Antragstellerin
Professorin Dr. Stephanie Hellekamps
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung
Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 448579209
Die frühe Neuzeit war - wie bekannt - eine Epoche sozialer Ungleichheit. Die ständische Gliederung der Gesellschaft bestimmte die Lebenschancen der einzelnen in erheblichem Maße. Zugleich zeigen Bildungsgänge und berufliche Laufbahnen einzelner Gelehrter, dass die Herkunft aus ungünstigen Verhältnissen einen Gymnasialbesuch und eine akademische Karriere nicht ausschlossen. Der Zusammenhang von sozialer Herkunft, Bildungserfolg und beruflichem Werdegang ist aber für die vielen Absolventen des frühneuzeitlichen Bildungswesens, die nicht aus einer bekannten Familie stammten, noch nicht hinreichend geklärt. Das Projekt setzt hier an und untersucht das Ausmaß der Abhängigkeit des schulischen und beruflichen Erfolgs oder Misserfolgs westfälischer Gymnasialschüler von ihrem sozialen Stand. Dazu wird zunächst ein Repertorium der Absolventen der katholischen Gymnasien in Münster und Coesfeld, der lutherischen Gymnasien in Dortmund und Soest und der reformierten Gymnasien in Steinfurt und Hamm 1588-1779 erstellt. Das Gymnasium ist eine Institution, in der sich soziale Durchlässigkeit zeigen kann, sofern Eintritt in das und Fortschreiten im Bildungswesen nicht mehr nur nach Stand und Privileg erfolgen. Mithilfe unserer in mehreren Vorgängerprojekten erhobenen prosopographischen Daten soll berechnet werden, wie groß der Anteil der resilienten Schüler am Unterricht auf den sechs Schulen (Klassenstufen I-V) und an den Oberstufenkursen in Philosophie und Theologie dieser Gymnasien (außer Coesfeld, das keine Oberstufe hatte) war. Gefragt wird also nach denjenigen Schülern, deren ungünstige Voraussetzungen (wegen der Armut und/oder Bildungsferne ihrer Eltern) einen Gymnasialbesuch nicht erwarten lassen würden. Zur Rekonstruktion der Bildungsgänge und Karrieren der Schüler gehört auch die Feststellung der nach ihrer Schullaufbahn und/oder nach ihrem Studium ausgeübten Berufstätigkeiten. Durch eine Längsschnittuntersuchung zur Berufskarriere der Schüler soll die Leistung der Schule für den beruflichen Werdegang dieser Schüler bestimmt werden. Der soziale Gradient, der die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft misst, wird konfessionell vergleichend berechnet.Die empirisch gestützte Untersuchung soll schließlich Aufschluss über eine (mögliche) Modernisierung des Schulwesens in einer nicht gemäß dem Leistungsprinzip stratifizierten Gesellschaft ergeben. Es wird gefragt, in welchem Maße das Leistungsprinzip ggf. allmählich im frühneuzeitlichen Gymnasium zur Geltung kam. In einem Längsschnitt geringerer Dauer werden dazu die Praktiken der Versetzung am Gymnasium Paulinum zwischen 1636 und 1647 durch Auswertung der überlieferten Schüler- und Notenlisten untersucht. Es wird aufgeklärt, in welchem Maße die Schüler gemäß ihrer Leistung beurteilt und versetzt wurden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich
Privatdozent Dr. Hans-Ulrich Musolff