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Evolutionäre Effekte von menschlicher Bejagung auf individuelle Variation im Verhalten eines Spitzenprädators.
Antragstellerin
Dr. Anne Gabriela Hertel
Fachliche Zuordnung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 448621093
Verhalten spielt eine entscheidende Rolle in Räuber-Beute Interaktionen. Beutetieren zeigen bemerkenswerte adaptive Verhaltensplastizität in Reaktion auf Prädationsdruck. Prädationsdruck variiert sowohl räumlich als auch zeitlich, wodurch eine "Angstlandschaft" entsteht, durch welche sich Beutetiere bewegen. Experimentelle Verhaltensökologen untersuchen individuelle Variation in der Reaktivität von Beutetieren. Aktuell wurde diese individuelle Variation jedoch noch nicht formal in das Konzept von Angstlandschaften integriert. In meinem Projektvorhaben werde ich den Braunbär (Ursus arctos) als Modellart verwenden, um theoretische Vorhersagen der Verhaltensökologie in freier Wildbahn zu testen. Als Spitzenprädatoren besteht die Angstlandschaft des Braunbären aus einem einzigen Raubtier - dem Menschen. Für kein anderes Raubtier haben wir so hervorragende Aufzeichnungen über die Intensität des historischen und aktuellen Bejagungsdrucks wie für Menschen. Ich werde das Ausmaß, die Erblichkeit, die reproduktiven Folgen und die evolutionären Treiber von individueller Variation im Menschen-Vermeidungsverhalten von Braunbären quantifizieren. Zur Durchführung meines Projekts werde ich einen einzigartigen Langzeitdatensatz (> 25 Jahre) von Braunbären in Schweden nutzen. Dieser umfasst Bewegungsdaten von 170 Individuen, Dokumentation von jährlicher Reproduktion und Überleben, Bestimmung von Nahrungszusammensetzung und Stresshormonen, und einen Stammbaum der gesamten Studienpopulation. Der Datensatz ermöglicht es mir das Ausmaß und die Erblichkeit von individueller Variationen im Menschen-Vermeidungsverhalten zu quantifizieren. Des weiteren werde ich die Konsequenzen dieser Verhaltensänderung auf z.B. Reproduktion und Nahrungsaufnahme bestimmen. Bestimmte Verhaltensweisen können das Sterblichkeitsrisiko durch menschliche Bejagung erhöhen, z.B. wenn sich Tiere nah beim Menschen aufhalten. Selektive Bejagung kann jedoch zu einer geringeren Variabilität von vererbbarem Verhalten in der Restpopulationen führen. Ich werde diese Hypothese in einem natürlichen Experiment testen, indem ich Daten zum Bewegungsverhalten von 10 weltweiten Braunbärpopulationen zusammenstelle, die unterschiedlichem historischem Bejagungsdruck ausgesetzt waren. Ich werde testen, ob die lange und hoch selektive Bejagungsgeschichte in Europa die Variabilität des Verhaltens reduziert hat, im Vergleich zur kurzen und unselektiven Bejagungsgeschichte in Nordamerika. Mein Projekt wird Forschungsfragen von höchster Priorität in der Verhaltens- und Evolutionsökologie beantworten. Um meine Forschungsziele zu erreichen, werde ich der Gruppe von Niels Dingemanse an der Fakultät für Biologie der LMU beitreten. Prof. Dingemanse’s Gruppe beschäftigt sich mit Forschungsfragen wie Variation zwischen und innerhalb von Individuen adaptives Verhalten in natürlichen Populationen hervorruft, und passt daher ideal zu meinem vorgeschlagenen Projekt und meiner Entwicklung als unabhängigem Forscher.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen