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Rough Mob – Rauheit und Mobilität von vergröberten Modellen für die molekulare Simulation
Antragsteller
Professor Dr. Florian Müller-Plathe
Fachliche Zuordnung
Theoretische Chemie: Moleküle, Materialien, Oberflächen
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 449159153
Die molekulare Simulation von Systemen der weichen Materie setzt zunehmend auf Multiskalen-Verfahren, um korrekte Vorhersagen bei zumutbarem Rechenaufwand zu ermöglichen. Aus atomistischen Referenzsimulationen lassen sich auf verschiedenen Wegen so genannte vergröberte Modelle erhalten. Diese reproduzieren die statische Struktur der atomistischen Simulationen sehr gut, versagen jedoch allgemein bei der molekularen Mobilität und aus ihr abgeleiteten dynamischen und Transporteigenschaften, wie z.B. Diffusionskoeffizienten, Viskositäten und charakteristischen Relaxationszeiten. Die vergröbert berechneten Mobilitäten sind meisten um mehrere Größenordnungen zu hoch.In diesem Forschungsvorhaben wird ein Ansatz („Rough Mob“) verfolgt, die erwartete künstliche Bescheunigung der Mobilität bereits beim Prozess des Vergröberns vorherzusagen. Seine Prämisse ist, dass beim Vereinigen von mehreren Atomen einer chemischen Gruppe zu einem strukturlosen Superatom ein Teil ihrer Oberflächenstruktur verloren geht, und dass weiter dieser Verlust an Oberflächenrauheit es glatten sphärischen Superatomen ermöglicht, leichter aneinander vorbei zu gleiten als rauere, atomistisch beschriebene Einheiten. Diese Idee wurde in den publizierten eigenen Vorarbeiten an einem Satz aliphatischer und aromatischer Flüssigkeiten getestet, deren Moleküle alle zu einem einzigen Superatom vergröbert wurden. Es ergab sich eine gut definierte, lineare Beziehung zwischen einem geeignet definierten, rein geometrischen Rauheitsunterschied zwischen atomistischem und vergröbertem Modell und der Beschleunigung der molekularen Mobilität beim Vergröbern. Dies ist sehr ermutigend, ermöglicht es doch, zunächst Transportkoeffizienten mit vergröberten Simulationen zu berechnen und dann mit dem Rough Mob Beschleunigungsfaktor auf realistische Werte zu skalieren, ohne dass aufwändige oder undurchführbare atomistische Simulationen erforderlich sind. In diesem Vorhaben soll Rough Mob Ansatz verallgemeinert und ausgeweitet werden: (i) Systeme, deren vergröberte Modelle mehrere Superatome erfordern, bis hin zu Polymeren. (ii) Mischungen unterschiedlicher chemischer Spezies. (iii) Unterschiedliche Zustände (Temperatur, Dichte, Zusammensetzung). Schließlich soll das Rough Mob Konzept mit zwei Alternativen zur a-priori-Vorhersage der artifiziellen Beschleunigung verglichen werden: Exzess-Entropie-Skalierung und genäherte Mori-Zwanzig-Ansätze.Das übergeordnete Ziel dieses Vorhabens ist, einen Beitrag zur Entwicklung von molekularen Simulationsverfahren zu leisten, die rheologische und Transporteigenschaften komplexer Systeme der weichen Materie zuverlässig quantitativ berechnen können. Es geht über rein akademisches Interesse hinaus, denn, wenn solche Verfahren verfügbar wären, könnten z.B. kosten- und energie-effizientere Polymerverarbeitungsprozesse entworfen werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen