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Neuronale Mechanismen von Wahn: Entwicklung eines transnosologischen Modells

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 449168024
 
Wahnideen sind Kernsymptome psychotischer Störungen. Ungeachtet der klinischen Relevanz dieser Phänomene liegen derzeit überraschend wenige Studien vor, die neuronale Mechanismen der Wahnentstehung und -persistenz in klinischen Populationen untersucht haben. Insbesondere bei Patient*innen mit einer manifesten schizophrenen Psychose gelingt es kaum, neuronale Korrelate wahnhafter Symptome isoliert zu untersuchen, da häufig polythematische und zeitlich instabile Wahnideen vorliegen, die zudem mit vielfältigen anderen Symptome einhergehen, etwa Halluzinationen, kognitiven Defiziten oder Negativsymptomen. Anhaltende wahnhafte Störungen (AWS) sind psychotische Erkrankungen, die durch einen anhaltenden und zumeist monothematischen Wahn in Abwesenheit anderer schizophrener oder affektiver Symptome definiert sind. AWS gelten als „Modellerkrankung“, da die zeitliche Stabilität des Einzelsymptoms und die weitgehende Abwesenheit anderer konfundierender Symptome ideale Bedingungen für eine differenzierte Untersuchung wahnassoziierter neuronaler Mechanismen ermöglichen. In dieser Studie sollen 50 gesunde Kontrollproband*innen, 50 Personen mit einer AWS (n=25 mit somatischem Wahn, n=25 mit paranoidem Wahn), und 50 Patient*innen mit einer Schizophrenie und persistierenden Wahnideen (somatisch und paranoid) mithilfe psychometrischer Verfahren und multimodaler Magnetresonanztomografie untersucht werden. Es werden uni- und multivariate statistische Datenanalysemethoden verwendet, um kortikale Entwicklungsmarker, regionale Atrophiemuster, strukturelle Netzwerkstärke, Faserintegrität und intrinsische neuronale Netzwerkkonnektivität abzubilden. Ausgehend von einem „Zweifaktoren-Modell“ des Wahns werden zwei grundlegende neuronale Mechanismen postuliert: eine wahninhaltsspezifische neuronale Pathologie und ein inhaltsunabhängiges Korrelat der Urteilsstörung. Diese Mechanismen sind transdiagnostisch gültig, d.h. sie sind sowohl bei Patient*innen mit einer AWS als auch bei Personen mit einer Schizophrenie und persistierenden Wahnideen nachweisbar. Insgesamt sollen im Rahmen dieser Deutsch-Russischen Kollaboration erstmals diagnoseübergreifende neuronale Signaturen spezifischer Wahnideen differenziert charakterisiert werden. In Anbetracht der häufig unbefriedigenden Wirksamkeit konventioneller therapeutischer Ansätze bei der Behandlung persistierender Wahnsymptome könnten die antizipierten Ergebnisse dieses Projekts die Weiterentwicklung individualisierter Behandlungsansätze fördern, einschließlich einer Optimierung non-invasiver Neurostimulationsprotokolle.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Russische Föderation
 
 

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