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Gab es in Deutschland eine Fleißrevolution? Löhne und Arbeitsmarkt auf ländlichen Besitzkomplexen, 17.–19. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 449267598
 
Die These der Fleißrevolution besagt, dass im 17. und 18. Jahrhundert die Effizienz des Handels stieg, was die Vielfalt des Konsumgüterangebots steigerte, so dass unter Annahme von love-for-variety-Präferenzen der Nutzen des Konsums insgesamt stieg. Haushalte reagierten darauf in zweierlei Weise: Erstens substituierten sie die Erzeugung von Subsistenzgütern (die durch geringe Vielfalt gekennzeichnet sind), durch diejenige von Marktgütern, um mit dem daraus erzielten Einkommen Marktgüter zu kaufen und so die Vielfalt der eigenen Bedarfsdeckung zu erhöhen. Zweitens bewirkte der Anstieg des gesamten Konsumnutzens eine Verlagerung der Zeitverwendung von Muße zu Arbeit; Menschen wurden fleißiger, um konsumieren zu können. Die Fleißrevolution, so die These, stellte eine wichtige Grundlage für die industrielle Entwicklung Europas dar. Dies deshalb, weil die Profitabilität von Anstrengungen für Forschung und Entwicklung (F&E) positiv mit der Zahl potentieller Anwender*innen korreliert ist und weil die Fleißrevolution große Gruppen von Arbeitskräften hervorbrachte, die marktgängige Produkte herstellten. Dies steigerte die Profitabilität von F&E im Bereich der gewerblichen Produktion und stimulierte somit technische Innovationen im verarbeitenden Gewerbe.Das beantragte Vorhaben fokussiert einen zentralen Teilaspekt der These, nämlich die bislang für Deutschland noch nicht untersuchte langfristige Entwicklung des individuellen Arbeitseinsatzes gemessen als Stunden oder Tage pro Jahr. Das Vorhaben vergleicht hierzu Löhne für Arbeitsverträge von unterschiedlicher Zeitdauer, konkret Tagelöhne und Gesindelöhne in der deutschen Landwirtschaft vom 17. zum 19. Jahrhundert. Falls junge Menschen zwischen Tagelohn und der Anstellung als Knecht oder Magd Arbitrage betrieben, so entspricht der Quotient zwischen Gesindelohn und Tagelohn der Anzahl der jährlichen Arbeitstage. Dieser Ansatz erfordert eine Analyse ländlicher Arbeitsmärkte nicht nur im Hinblick auf den Geldlohn für unterschiedliche Typen von Arbeit, sondern auch bezüglich der Formen der Naturalentlohnung sowie der vorherrschenden Vertragsformen, unter Einschluss von deren Einbettung in interlocking markets und Agrarinstitutionen, die je nach Region in unterschiedlichem Ausmaß auch Zwangsarbeit vorsehen (Frondienste, Gesindezwang). Das Vorhaben unternimmt hierzu unterschiedlich aggregierbare lokale Mikroanalysen auf der Grundlage der Rechnungsbücher von ca. zwanzig adeligen Besitzkomplexen, die räumlich über ganz Deutschland verteilt sind, aber eine gewisse Konzentration auf Nordrhein-Westfalen und Sachsen aufweisen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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