Wissenschaftliches Netzwerk zur Bestimmung des Verhältnisses von Demokratiebildung und politischer Bildung
Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Politikwissenschaft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Netzwerk ging von der Beobachtung aus, dass unterschiedliche Professionen und ‚Fächer‘, die mit Begriffen und Konzepten von politischer Bildung und Demokratiebildung arbeiten, in keinem (kontinuierlichen) Austausch stehen und größtenteils ohne Kenntnis über die Arbeiten ‚der anderen‘ Professionen sind. Dies wird in Zeiten, in denen Demokratiebildung und politische Bildung öffentlich angerufen werden, gesellschaftliche und politische Krisen zu lösen, noch offensichtlicher, denn unklar bleibt, was die angerufenen Konzepte theoretisch und inhaltlich kennzeichnet. So stellte sich durch den intensiven Austausch im Projekt heraus, dass die verschiedenen Felder und Professionen jeweils mit eigenen Begriffen, Definitionen und Konzepten von politischer Bildung und Demokratiebildung operieren. Das Netzwerk, das aus Personen unterschiedlicher Professionen und Fächer zusammengestellt war (Sozialpädagogik, Didaktik der Sozialwissenschaften, Erziehungswissenschaften, Politische Theorie), hat dies zum Anlass genommen, transdisziplinär zu Begriffsverständnissen (von Bildung, Demokratie, Politik, …), auf denen Demokratiebildung und politische Bildung aufbauen, zum Verhältnis von Demokratiebildung und politischer Bildung mit besonderem Fokus auf den (sozialen) Raum sowie zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Demokratiebildung und politischer Bildung zu arbeiten. Anders als bisher üblich, wurden die Begriffsverständnisse interdisziplinär und professionsübergreifend geführt. Dabei wurde ein kritischer Blick eingenommen, mit dem auch Unmöglichkeiten sowie Hindernisse für Demokratiebildung und/oder politische Bildung in den Blick geraten sind. Mit der Erarbeitung einer idealtypischen Unterscheidung von Demokratiebildung und politischer Bildung mithilfe von Kategorien, schlägt das Netzwerk zudem ein analytisches Differenzierungselement vor. Die Differenzierungsarbeiten wurden nicht nur im Hinblick auf theoretische Bestimmungen vorgenommen, sondern auch im Hinblick auf die pädagogischen Institutionen. Im Diskurs waren bisher zumeist Arbeiten vorzufinden, die Demokratiebildung oder politische Bildung in einer Institution beschrieben (oder proklamierten). Das Netzwerk hat sich intensiv mit empirischen Fällen der Demokratiebildung und der politischen Bildung auseinandergesetzt und danach gefragt, wie sich Prozesse der Demokratiebildung und der politischen Bildung empirisch in einzelnen pädagogischen Institutionen zeigen, aber auch, wie sie dort jeweils verhindert werden. Dabei wurde deutlich, dass zwischen Norm und Wirklichkeit, zwischen Selbsterzählung und empirischer Beobachtung eine Differenz besteht. Dieser Differenz noch stärker empirisch nachzugehen, ist das Vorhaben einiger Netzwerkmitglieder im Anschluss an die Laufzeit des Netzwerks. Im Zuge der Zusammenarbeit des Netzwerkes hat sich immer deutlicher herausgestellt, dass die zentrale Kategorie zur Unterscheidung von Konzepten und Lesarten von Demokratiebildung und politischer Bildung der soziale Raum ist, in dem Demokratiebildung und politischer Bildung in Theorie und Praxis verortet und/oder anvisiert werden (im Netzwerk etwa: Schule, Offene-Kinder- und Jugendarbeit, außerschulische Jugendbildung, Vereine, Verbände, Jugendarrestvollzug). In diesem Kontext nicht neu, aber in der Wirkung überraschend, war die Intensität und der Umfang, in und mit dem der Begriff und das Konzept der Demokratiebildung durch Professionen angeeignet und umgedeutet wurde und wird. Einige Arbeiten des Netzwerkes zielten daher auch auf eine Anwendung des analytischen Differenzierungselementes auf konkrete pädagogische Räume, wie die Schule oder die außerschulische Jugendbildungsstätte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Sportvereine als Orte von politischer Bildung und Demokratiebildung. Forum Kinder- und Jugendsport, 2(1), 6-14.
Ahlrichs, Rolf & Fritz, Fabian
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Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe. In: Beutel, Wolfgang/Gloe, Markus/ Himmelmann, Gerhard/Lange, Dirk/Reinhardt, Volker/Seifert, Anne (Hrsg.): Handbuch Demokratiepädagogik. Frankfurt am Main, S. 62-71
Kenner, Steve & Lange, Dirk
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Demokratiebildung in Österreich. In: Beutel, Wolfgang/Gloe, Markus/Himmelmann, Gerhard/Lange, Dirk/Reinhardt, Volker/Seifert, Anne (Hrsg.): Handbuch Demokratiepädagogik. Frankfurt am Main, S. 293-301
Möller, Lara & Lange, Dirk
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Demokratiebildung und/oder politische Bildung: Plädoyer für eine differenzfokussierte Perspektive. In: inter- und transdisziplinäre Bildung 2/2022: Sonderheft Bildung und Demokratisierung, S. 77-81
Wohnig, Alexander
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Demokratie und Politische Bildung in der Jugendverbandsarbeit. In: Achour, Sabine/Gil, Thomas (Hrsg.): Vom Klassenrat zum zivilen Ungehorsam. Partizipation in der Demokratie und der Auftrag der politischen Bildung. Frankfurt am Main, S. 145-155
Bracker, Rosa & Riekmann, Wibke
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Entgrenzungen im Diskurs um Demokratiebildung und politische Bildung. Der pädagogische Blick, 257-268.
Wohnig, Alexander & Sämann, Jana
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Demokratiebildung und/oder politische Bildung: Differenzierungsversuche am Beispiel der außerschulischen politischen Jugendbildungsstätte. In: Fritz, Fabian/Schmidt, Birger/Zwecker, Markus (Hrsg.): Wie gelingt partizipative politische Bildung für Jugendliche und junge Erwachsene im Fußball? Weinheim/Basel, S. 28-43
Wohnig, Alexander
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Spannungsverhältnis von Schule und Demokratiebildung. In: Achour, Sabine/Pech, Detlef/Eberhard, Philip/Jordan, Anne/Sieberkrob, Matthias/Zelck, Johanna (Hrsg.): Demokratiebildung und Fachdidaktik. Frankfurt am Main, S. 65-75
Coelen, Thomas & Wohnig, Alexander
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Politische Bildung in der Sozialen Arbeit.
Görtler, Michael & Schäfer, Stefan (Eds.)
