Detailseite
Demokratie am Arbeitsplatz: ein europäisches Ideal? : Diskurse und Praktiken über die Demokratisierung der Arbeit nach 1945
Antragsteller
Professor Dr. Stefan Berger
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Empirische Sozialforschung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 449592684
Während des 20. Jahrhunderts war die industrielle Demokratie ein politisches Konzept, das ein breites Spektrum an Bedeutungen umfasste, von der internen Gewerkschaftsdemokratie über Tarifverhandlungen bis hin zur Mitbestimmung auf betrieblicher, industrieller und nationaler Wirtschaftsebene. Seit den Anfängen haben die Gewerkschaften in den meisten europäischen Ländern eine wichtige Rolle bei der theoretischen Förderung und bei der konkreten Handhabung der betrieblichen Demokratie gespielt. Heute sehen die Dinge jedoch anders aus. Zwar gibt es in der Unternehmenslandschaft Beispiele für Demokratie, doch sind hierarchische Organisationsformen nach wie vor vorherrschend, und die Organisationsdemokratie findet in den Medien und im öffentlichen Leben nur wenig Beachtung. Der Niedergang der Demokratie am Arbeitsplatz ist zum Teil mit dem der Gewerkschaftsbewegung und sicherlich auch mit den Transformationen des wirtschaftlichen Produktionssystems verbunden. Aber er hängt auch mit der jahrzehntelangen Vorherrschaft einer liberalen (im Gegensatz zur sozialen) Auffassung von politischer Demokratie zusammen, die eine starre Trennung zwischen der politischen und der wirtschaftlichen Sphäre zurückforderte.In den letzten Jahren gibt es jedoch Anzeichen dafür, dass das Ideal der Arbeitsplatz-Demokratie neue Zugkraft erhält. Im akademischen Bereich beobachten wir eine Vielzahl neuer Publikationen, die in vielen verschiedenen Disziplinen wie politische Theorie, Sozial- und Politikwissenschaft, Geschichte, Rechtstheorie, Wirtschaft, Management und Arbeitspsychologie erscheinen. Auf politischer Ebene wurde gerade eine neue EU-Richtlinie "zur Einführung des Prinzips der Demokratie am Arbeitsplatz, im Kapital und in allen Bereichen des Wirtschaftslebens" entworfen, und das Europäische Gewerkschaftsinstitut fördert diese Idee aktiv bei seinen nationalen Partnern. Wir werden die Geschichte dieser Idee erforschen, indem wir ihre Momente des Glanzes sowie ihre Momente des Abschwungs und des Beinahe-Verschwindens erforschen. Das Projekt wird sich auf zwei Hauptakteure im institutionellen Bereich konzentrieren: die Wissenschaft und die Gewerkschaften, und es wird ihre Interaktionen, ihre gegenseitigen Einflüsse und ihre Entwicklung untersuchen. Dieser Ansatz ist durch die Art unseres Forschungsgegenstandes gerechtfertigt. Erstens ist die Rolle der Wissenschaftler bei der Theoretisierung der Demokratie am Arbeitsplatz zwar unbestritten, die besondere Rolle der verschiedenen akademischen Disziplinen wird jedoch weitgehend unterschätzt. Zweitens haben die Gewerkschaften eine wichtige, aber historisch variable Rolle in den sozialen Kämpfen um die Durchsetzung der Arbeitsplatz-Demokratie gespielt. Gleichzeitig waren die Gewerkschaften und ihre Forschungseinrichtungen neben der Wissenschaft der wichtigste Wissensproduzent in diesem Bereich. Drittens haben sich Gewerkschaften und Wissenschaft ständig gegenseitig auf vielfältige Weise beeinflusst.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Partnerorganisation
Agence Nationale de la Recherche / The French National Research Agency
Kooperationspartner
Professor Dr. Roberto Frega