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Alltägliche politische Subjektivierung und das Erstarken regressiver Politiken. Abstiegsängste, Urbanisierung und Raumproduktionen in Frankfurt am Main und Leipzig

Antragsteller Dr. Daniel Mullis
Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451071396
 
Das Forschungsvorhaben zielt darauf, die aktuelle Konjunktur des Erstarkens regressiver Politiken in Deutschland und deren Verankerung in alltäglichen sozialen Erfahrungen sowie die Formierung von Kollektivität in Städten besser zu verstehen. Indikatoren für diese Konjunktur sind der wachsende Zuspruch zu autoritären Einstellungen, der längst nicht nur bei Wähler_innen (extrem) rechter Parteien zu beobachten ist, sowie der Aufstieg der Alternative für Deutschland (AfD). Im Anschluss an Rancière und Lefebvre stellt das Projekt alltägliche politische Subjektivierung sowie Raumproduktionen ins Zentrum der Untersuchung. In der deutschsprachigen Geographie gibt es trotz der gesellschaftlichen Relevanz der regressiven Dynamiken noch immer kaum Forschung zum Thema. 2016 fragten Bürk und Reuber: "Neo-Nationalismus und neurechte Bewegungen in Deutschland: (K)ein Thema für die Politische Geographie?". Ein interdisziplinärer Blick auf den Gegenstand hilft weiter. Hier ist insbesondere Nachtweys Abstiegsgesellschaft zentral. Mit dem Projekt adressiere ich drei Forschungslücken der bisherigen Debatten zum Erstarken regressiver Politiken: Es mangelt an Forschung, die 1) gesellschaftliche Transformation von politischer Subjektivierung ausgehend beleuchtet; 2) politische Verschiebungen von Alltäglichkeiten her betrachtet und dabei deren Verräumlichung ernst nimmt; sowie 3) ethnographisch vorgeht. Leitend ist die Frage: Wie verlaufen Prozesse der alltäglichen politischen Subjektivierung in von Abstiegserfahrungen und Urbanisierungsprozessen geprägten Stadteilen, und wie bzw. wann schlagen diese in regressive Politiken um? In Frankfurt am Main und Leipzig ist eine multi-sited ethnography vorgesehen, die im Wesentlichen auf narrativen Interviews, teilnehmender Beobachtung und Fokusgruppengesprächen basiert. In beiden Städten liegen Boom und Abstieg nahe beieinander, sozio-ökonomische Polarisierung schreitet voran und Zuwanderung ist ein Fakt. Untersucht werden jeweils zwei sozio-ökonomisch marginalisierte Stadtteile, wo Urbanisierungskonflikte auftreten und die AfD bei den Bundestagswahlen 2017 gut abgeschnitten hat. Der Vergleich der beiden Städte erlaubt Eigenheiten und Verbindendes jenseits hierarchisierender Ost-/West-Konstruktion zu adressieren. Insgesamt leistet das Forschungsvorhaben einen Beitrag zur geographischen Forschung und Theoriebildung, indem es die aktuelle Konjunktur regressiver Politiken und der Formierung von Kollektivität in den Blick nimmt und dabei insbesondere 1) für das Erstarken regressiver Politiken relevante verräumlichte Erfahrungen subjektzentriert nachzeichnet; 2) ein geographisches Verständnis von alltäglicher politischer Subjektivierung vertieft; und 3) geographische Debatten um Perspektiven der Gesellschaftswissenschaften bereichert. Damit leistet das Vorhaben geographische Grundlagenforschung, um Möglichkeiten für gesellschaftlichen Zusammenhalt und sozialen Frieden auszuloten bzw. zu befördern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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