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Fetale und postnatale neocorticale Entwicklung in einem nicht-domestizierten prekokalem (nestflüchtendem) Huftier, dem Europäischen Wildschwein (Sus scrofa, LINNAEUS 1785)

Antragstellerin Professorin Dr. Petra Wahle
Fachliche Zuordnung Entwicklungsneurobiologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451084183
 
Derzeitige Konzepte zur frühen Entwicklung des Neocortex basieren größtenteils auf Erkenntnissen aus der Untersuchung von altricialen Säugerspezies wie Maus und Ratte, seltener Karnivoren oder Primaten inkl. Mensch. Extrem wenig ist über die Hirnentwicklung von Ungulaten bekannt, die in relativ kurzen Tragzeiten große gyrifizierte Gehirne entwickeln, und die mit nahezu maturen sensomotorischen Fähigkeiten geboren werden. Sie sind in gängigen Modellen zur Hirnentwicklung der Säuger nicht repräsentiert! Außerdem gibt es kaum neurobiologische Untersuchungen wirklich wildtypischer (wildlebender) Spezies.Wir beantragen hier die Förderung eines Projektes zur Untersuchung der Entwicklungsprozesse im fetalen und postnatalen Cortex vom Schwein. Das Schwein ist ein "emerging model" für translationale Forschung in den Feldern Herz, Immunologie, Haut, Krebs. Mit transgenen Methoden wurden Modelle für beinah alle neurodegenerativen und metabolischen Erkrankungen des Menschen erzeugt. Diesen Fortschritten steht eine äußerst dürftige Kenntnis der Neurobiologie des Schweinegehirns gegenüber. Aus Vorabeiten haben wir gelernt, dass viele Prozesse, die im altricialen Nager und Carnivoren postnatal ablaufen, im Schwein bereits pränatal geschehen. Wir schlagen eine umfassende Untersuchung folgender Aspekte vor, beginnend mit dem Stadium der Bildung der cortikalen Platte (E35, Tragzeit ist 114 Tage) bis in die postnatale Periode: 1) Entwicklung der fetalen laminären Kompartimente eines großen gyrencephalen Neocortex unter Verwendung schicht- und zelltypspezifischer Antikörper und Prolifarationsmarker, Abgrenzung der Subplate, Verfolgung des Schicksals der Cajal-Retzius Zellen und der Interneuronen der Marginalzone; 2) Charakterisierung der Reifung der Interneuronen und der Pyramidalzellen der cortikalen Platte mit Fokus auf die Entwicklung der hemmenden axosomatischen und axoaxonischen Innervationen; 3) Entwicklung der Neuroglia, Microglia und der Blutgefäße, Zeitgang der Myelinisierung; 4) Zeitgang der Expression von ausgewählten prä- und postsynaptischen Proteinen mit Westerrn Blots, mit dem Ziel über das „synaptic age“ Parallelen zu Nager, Carnivoren und dem Menschen zu ermitteln; 5) Untersuchung von Proteinen und Oberflächenmarkern, deren Expression im Zusammenhang mit Beginn und Ende der kritischen Perioden sensorischer Plastizität steht; Fokus auf der Sehrinde und der somatosensorischen Schnauzen/Rüssel-Region. Das Projekt wird am Europäischen Wildschwein Sus scrofa (LINNAEUS 1785) durchgeführt. Zusammenfassend, es ist unser Ziel, zelluläre und neurochemische Entwicklungsprozesse eines großen gyrencephalen Ungulatengehirns zu erarbeiten und die Sichtweisen zur Corticogenese entsprechend zu erweitern, um nicht ausschließlich mit dem Kenntnisstand aus lissencephalen Labornagern die Entwicklungsprozesse des menschlichen Gehirns zu erklären. Schlußendlich – aus dem Forst ins Labor – glauben wir, dass es Zeit ist, neue neurobiologische Modelle zu erkunden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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