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Einblick in die Evolution von Schlüssel-Merkmalen: Rekonstruktion der phylogenetischen Geschichte einer Spinnen-Gruppe mit auβergewöhnlicher evolutionärer Dynamik – den südlichen Marronoiden
Antragsteller
Dr. Jonas Wolff
Fachliche Zuordnung
Systematik und Morphologie der Tiere
Evolution, Anthropologie
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451087507
Evolutionäre Schlüsselereignisse, wie die Entstehung eines ökologisch bedeutenden Merkmals (‘novelty’), bieten Erklärungen für erdgeschichtliche Umbrüche der Faunenzusammensetzung. Durch die Erweiterung oder Beschränkung der Evolvierbarkeit können Schlüsselereignisse die evolutionäre Dynamik (d.h. Veränderungs-Frequenz und -Raten) von Merkmalen radikal verändern. Allerdings sind historische Schlüsselereignisse oft schwer nachzuvollziehen, da ursprüngliche Merkmale und Zwischenformen durch fortwährende Evolution verloren gehen. Das vorgeschlagene Forschungsvorhaben wird eine seltene Ausnahme untersuchen: eine Gruppe von Spinnen – die südlichen Marronoiden, die eine auβerordentliche Variabilität in normalerweise invarianten Schlüsselmerkmalen zeigt und damit die Möglichkeit bietet zu untersuchen, ob und wie punktuierte Veränderungen in einem Merkmal zu langfristigen Veränderungen von phänotypischen Diversifikations-Mustern führen können.Durch eine Untersuchung der phylogenetischen Geschichte der formenreichen südlichen Marronoiden (Araneae: Desidae, Stiphidiidae, Cycloctenidae, Toxopidae) wird dieses Projekt die evolutionäre Dynamik von Umbrüchen in der Zusammensetzung des Spinnapparates (Verlust des Cribellums), der Entstehung freihängender Netz-Strukturen und des Verlustes des Beutefangnetzes nachvollziehen. Diese Ereignisse gelten als ‚key innovations‘, die maβgeblich die Zusammensetzung der heutigen Spinnenfauna geformt haben. Das Projekt wird rekonstruieren wie stark diese Schlüsselereignisse mit Verschiebungen von Evolutionsraten von Körpermerkmalen (wie Körpergröβe und -form, Augenstellungen und cutikulären Strukturen) korrelieren. Um dies zu erreichen, wird die erste umfassende molekulare phylogenetische Analyse der südlichen Marronoiden durchgeführt. Dafür kommt eine Kombination aus UCE Target Capture und Amplicon Sequencing Techniken zum Einsatz. Auf der Basis von Mikroskopie-Arbeiten und Beobachtungen im Feld wird eine Datenbank morphometrischer und Verhaltens-Merkmalen erstellt. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen werden die bis dato instabile Systematik der Marronoiden überarbeitet und kladistische Konzepte früherer Autoren evaluiert. Durch die Zusammenführung phylogenetischer, morphologischer und etho-ökologischer Informationen in einem phylogenetisch vergleichendem Ansatz wird ermittelt werden, ob die konvergente Reduktion des Cribellums in unterschiedlichen Linien einem vergleichbaren evolutionärem Muster folgte und mit ähnlichen Veränderungen der evolutionären Dynamik von Körpermerkmalen einherging. Vergleichbare Analysen werden an den ebenfalls als stark homoplasisch angenommenen Schlüsselmerkmalen ‚freihängendes Netz‘ und ‚Beuteerwerb ohne Netz‘ durchgeführt. Dieser vergleichende Ansatz hat das starke Potenzial allgemeine Muster korrelierter Evolution aufzudecken und wird das Verständnis über den Einfluss von Schlüsselmerkmalen und erweiterter Phänotypen auf die organismische Evolution voranbringen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen