Detailseite
Die "Sammlung Kratschmer/Würtz" und die Jugendlyrik in der DDR
Antragsteller
Professor Dr. Gregor Streim
Fachliche Zuordnung
Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451455687
In der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB), Jena, befindet sich unter dem Titel "Sammlung Kratschmer/Würtz. Jugendlyrik der DDR" ein Archiv, das ca. 80.000 (zumeist unveröffentlichte) Gedichte von ca. 13.000 Jugendlichen sowie weitere Dokumente wie Aufrufe, Briefe und Gutachten enthält. Diese Sammlung, die bis heute nie wissenschaftlich erschlossen wurde, ist eine einzigartige Quelle für die Erforschung der Jugendlyrik in der DDR als einem Massenphänomen im Spannungsfeld von staatlicher Lenkung und Emanzipationsstreben. Angelegt wurde sie von dem Lehrer und Publizisten Edwin Kratschmer, der von 1964 bis zum Ende der DDR Gedichte von Schülerinnen und Schülern für die Anthologie-Reihe "Offene Fenster" sammelte. Er arbeitete dabei mit Hannes Würtz zusammen, der in der FDJ-Zeitung "Junge Welt" eine eigene Jugendlyrik-Rubrik als Redakteur betreute. Diese Initiativen standen im Zusammenhang mit der von der FDJ gelenkten 'Poetenbewegung', in deren Rahmen vom Ende der 1960er Jahre an landesweit Schreibzirkel, Literaturwettbewerbe und Poetenseminare eingerichtet wurden, an denen sich eine große Zahl Heranwachsender beteiligte. Dieses Phänomen ist ein Desiderat sowohl der germanistischen als auch der sozialgeschichtlichen Forschung. Ziel des Projekts ist es, auf Grundlage der "Sammlung Kratschmer/Würtz" exemplarisch sowohl den institutionellen Rahmen als auch die literarische Praxis von Jugendlyrik in der DDR zu erforschen. Dies geschieht unter der Leitfrage nach dem Verhältnis von institutioneller Kontrolle und Eigeninitiative. In der ersten Förderphase des Projekts, die im Februar 2024 abgeschlossen wird, wurden die Geschichte und der Aufbau der Sammlung und die Geschichte und Organisationsstruktur der 'Poetenbewegung' erforscht. In der nun beantragen zweiten Förderphase soll das Quellenmaterial aus den Jahren 1973/74 und 1984/85 in Fallstudien analysiert werden. Es wird untersucht, in welche Handlungsspielraum einzelne Akteure innerhalb des politisch kontrollierten Rahmens der FDJ-Talentförderung hatten bzw. sich verschaffen konnten. Dazu werden Briefe, Gedicht-Gutachten, Vorworte und Briefe ausgewertet; vor allem sollen aber die Gedichte selbst in Hinblick auf Sprache, Themen und Sprecherrollen analysiert. Die Ergebnisse der Arbeit werden in einer monographischen Studie publiziert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen