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Lena Meyer-Bergners sozial-transformativer Moderne-Begriff in den globalen gesellschaftlichen Umbrüchen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Antragstellerin
Dr. Sandra Neugärtner
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 453020043
Das zentrale Ziel des geplanten Projekts besteht darin, am Beispiel von Lena Meyer-Bergner (1906–1981) einen neuen Begriff der künstlerischen Moderne zu erarbeiten, der die zentrale Bedeutung gesellschaftlicher und politischer Ideen, Konzepte und Prozesse berücksichtigt. Meyer-Bergner, geboren als Helene Bergner, war Mitglied der Wandervogel-Bewegung und arbeitete im Landerziehungsheim Haubinda, bevor sie von 1927 bis 1929 eine Ausbildung in der Webereiwerkstatt am Bauhaus in Dessau absolvierte. Eine Besonderheit ihres Studiums ist dessen Ausweitung auf die Reklamewerkstatt und auf technische Fächer. Zudem realisierte sie zwei Praxissemester, erst in einer Färbereitschule, dann in der Ostpreußischen Handweberei Königsberg, wo sie nach Studienabschluss 1930 die Leitung übernahm. 1931 ging Bergner in die UdSSR, wo Hannes Meyer, den Bergner im Laufe des Jahres heiratete, die pro-sowjetische Gruppe ehemaliger Bauhäusler anführte. Meyer-Bergner arbeitete als leitende Textildesignerin in einer Moskauer Möbelstofffabrik. 1936 ging sie mit Meyer in die Schweiz, wo sie sich an vollkommen neue berufliche und politische Bedingungen anpassen mußten. 1939 folgte Meyer-Bergner ihrem Mann nach Mexiko. Der Versuch, im neu gegründeten "Instituto de Urbanismo y Planificación" als Textilgestalterin Fuß zu fassen, scheiterte – genauso wie die Umsetzung eines Lehrkonzepts für eine Webschule, das Meyer-Bergner für die Otomí, eine indigene Ethnie Mexikos, entwickelt hatte. In Zusammenarbeit mit Meyer leistete sie im Grafik- und Ausstellungsbereich einen Beitrag zur Etablierung von staatlichen Bildungsprogrammen und beteiligte sich – eingebunden in das Netzwerk europäischer Exilanten – am internationalen Kampf gegen den Faschismus. Zugleich propagierte sie mit Meyer den sozialistischen Aufbau und die Kulturentwicklung in der UdSSR. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz im Jahr 1949 fanden sie und Meyer keinen beruflichen Anschluss. Das Projekt widmet sich der Frage, wie sich Meyer-Bergners Kunst-Moderne-Begriff in Abhängigkeit von verschiedenen gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herausbildete. Ihre Bemühungen, den kollektiven sozialen Wandel mit ihrer Herangehensweise an Gestaltung zu verbinden, sollen für ihre verschiedenen Schaffensphasen kritisch untersucht werden. Dabei geht es um eine differenzierte Ergründung ihrer künstlerischen Position, die nicht unumstritten ist. Durchleuchtet werden soll die Gesellschaftsbedingtheit ihres Schaffens im Zusammenhang mit ihrem transdisziplinären Gestaltungszugang, der auf Austauschprozessen zwischen Weben und Grafik und Begegnungen mit der Volkskunst basiert. Ein wichtiges Ziel bei der Erforschung von Meyer-Bergners Moderne-Begriff besteht zudem darin, der defizitären Geschichtsschreibung zum Bauhaus unter seinem linksorientierten Direktor Hannes Meyer zu begegnen – und zwar erstmals aus weiblicher Perspektive und so, dass die Biographie Meyer-Bergners den historischen Horizont bildet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen