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Lebenswelten des frühen 1. Jt. v. C. im westlichen Zagrosrandgebirge am Unteren Zab vor und nach der assyrischen Annexion: Das zivile Zentrum des Dinka Siedlungskomplexes in der Peshdar-Ebene
Antragsteller
Professor Dr. Florian Janoscha Kreppner
Fachliche Zuordnung
Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 453121830
Von 2015 bis 2019 führte das interdisziplinäre und internationale Peshdar-Plain-Project neun Ausgrabungskampagnen und vier Magnetometer-Prospektionen an einem vom Chalkolithikum bis in die sasanidische Zeit besiedelten und in der Eisenzeit ca. 60 ha großen Siedlungsbefund durch, dessen alter Name derzeit unbekannt ist. Da seine Ausdehnung zwei zuvor identifizierte archäologische Stätten Qalat-i Dinka und Gird-i Bazar umfasst, nennen wir ihn den Dinka Siedlungskomplex nach dem größeren der beiden Fundorte. Qalat-i Dinka liegt in der Peshdar-Ebene am Oberlauf des Unteren Zab im Zagros-Gebirge der Autonomen Region Kurdistan des Irak, direkt an der Grenze zum Iran. Die Arbeiten konzentrierten sich auf die eisenzeitlichen Reste einer Festungsanlage auf dem Qalat-i Dinka sowie kleinteilige Wohn- und Werkstattgebäude auf dem flachen Hügel Gird-i Bazar in einer ausgedehnten Unterstadt. Im Bereich zwischen Qalat-i Dinka und Gird-i Bazar zeichnet sich in der Magnetometerprospektion eine dichte Besiedlung ab. Deutlich erkennbar ist eine Unterstadt ohne Umfassungsmauer, deren Straßennetz und Häuserblocks halbkreisförmig organisiert und um Qalat-i Dinka herum orientiert sind. Zahlreiche Gebäude sind klar zu erkennen und werden durch Straßen und Gassen getrennt. Mit neun 14C-Datierungen aus stratifizierten Kontexten in Ausgrabungsbefunden aller Grabungsstellen lässt sich die EZ II (1050-800 v. C.) als Hauptbesiedlungsphase fassen. Zwei neuassyrische Keilschriftfunde sowie drei 14C-Datierungen zeigen, dass der Dinka-Siedlungskomplex auch in der EZ III (800-600 v. C.) weiterhin bewohnt war. Dieser Antrag umfasst ein für drei Jahre geplantes Ausgrabungs- und Auswertungsprogramm in einem prominenten Teil der Siedlung. Die Magnetometer-Prospektion und die Ergebnisse einer 2017 durchgeführten Testgrabung zeigten die Überreste von drei bedeutenden Gebäuden (K: 280 m2, L: 800 m2, M: 650 m2) mit Lagereinrichtungen, die wesentlich größer und einen völlig anderen Charakter haben als die Häuser in Gird-i Bazar oder die sonst in der Unterstadt durch die Magnetometer-Prospektion sichtbaren Strukturen, weshalb es sich vermutlich um das zivile Zentrum handelt. Gebäude K, L und M sind ohne Schäden durch später angelegte Gräber, moderne Bau- oder Raubgräbertätigkeit unter den modernen Feldern leicht zugänglich, laufen aber Gefahr durch Pflügen zerstört zu werden, da die Ruinen stellenweise nur 20-25 cm unter der Oberfläche liegen. Die Ausgrabung der drei Gebäude eröffnet die Möglichkeit, erstmals für die Zagrosregion Nordostiraks und Nordwestirans ein ziviles Zentrum einer eisenzeitlichen Großsiedlung vor und in der Zeit der assyrischen Übernahme zu untersuchen. Dabei stehen die Organisation der indigenen Gesellschaft in Land- und Viehwirtschaft, die Ernährung und materieller Kultur sowie die Auswirkungen der imperialen assyrischen Expansion auf die Lebenswirklichkeit der Bewohner_innen des Dinka Siedlungskomplexes im Brennpunkt unseres Interesses.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e)
Professorin Dr. Karen Radner