Theoretische und experimentelle Untersuchung der Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften statischer mechanischer Schnittstellen für rekonfigurierbare Werkzeugmaschinen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Vordergrund der durchgeführten Arbeiten standen die theoretischen und praktischen Untersuchungen zur Gestaltung einer neuen Art mechanischer Schnittstellen für den Einsatz in der Trennstelle Werkzeugmaschine/Modul. Ausgehend von den herrschenden Anforderungen, wie auftretende Prozesskräfte und Modulgewichte, geforderte Präzision sowie Handhabbarkeit, wurde eine mechanische Modulschnittstelle entwickelt, die im Gegensatz zur aktuellen Verschraubungslösung gut für die Rekonfiguration der Werkzeugmaschine geeignet ist. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung wurden zwar bereits verschiedene theoretische Ansätze zur Schnittstellengestaltung entwickelt. Eine praktische Umsetzung in Hardware erfolgte jedoch bis dato nicht. Im Rahmen des Projekts wurden Gestaltungsmöglichkeiten mechanischer Schnittstellen und deren Mehrfachanordnung untersucht. Die Vorteile der entwickelten Schnittstelle gegenüber alternativen mechanischen Schnittstellenausführungen sind: - Energieautarkes System - Fail-Safe-Verhalten durch Selbsthemmung - Hohe Einzugskräfte und hohe statische Steifigkeit - Hohe Präzision bei Modulintegration - Kompaktheit der Ausführung - Geringe Hubhöhen für Montage in beengten Arbeitsräumen - Anlehnung an bewährten HSK-Standard als Garant für die Verbreitung Um eine Bewertung der entwickelten Schnittstelle zu ermöglichen, wurde gleichzeitig eine Auswahl konventioneller Nullpunktspannsysteme untersucht. Diese unterscheiden sich in der Gestaltung der Wirkflächen sowie der Spannkinematik und im Betätigungsmechanismus. Es zeigt sich, dass die entwickelte Schnittstelle im Hinblick auf das Präzisionsverhalten und die Steifigkeit die Spitzenstellung einnimmt. Die dynamischen Nachgiebigkeitsuntersuchungen an der entwickelten Schnittstelle ergaben, dass durch Erhöhen der Einzugskräfte die statische Steifigkeit und durch das Benetzen der Wirkflächen mit Schmierfett die dynamische Steifigkeit verbessert werden kann. Die entwickelte Schnittstelle stellt im Hinblick auf die gewonnenen Erkenntnisse eine geeignete Lösung als mechanische Schnittstelle für die Modulintegration an Werkzeugmaschinen dar. Zur steifigkeitsgerechten Gestaltung von Mehrfachanordnungen wurde ein analytischer Berechnungsansatz entwickelt. Mit Hilfe des Ansatzes können die statischen Nachgiebigkeiten der Modulschnittstelle für unterschiedliche Anordnungen der mechanischen Schnittstellen und Lastfallkombinationen qualitativ abgeschätzt werden. Als steife Ausführungen im Hinblick auf die Lastfälle Biegung und Torsion an der Trennstelle haben sich Mehrfachanordnungen herausgestellt, die hohe Flächenträgheitsmomente aufweisen. Die Ausführung der Modulschnittstelle wurde beispielhaft in einer Pick-Up- Werkzeugmaschine umgesetzt. Die Untersuchungen zeigen, dass die hohe Wiederholgenauigkeit bei der Montage die mechanische Integration von Modulen und die Rekonfiguration von modularen Werkzeugmaschinen gewährleistet. Die Modalanalyse-Messungen zum dynamischen Nachgiebigkeitsverhalten von Maschine und Modul legen dar, dass in Abhängigkeit des Trägheitsmomentes der Mehrfachanordnung und der Schwingungsform unterschiedlich hohe dynamische Nachgiebigkeiten auftreten. Die Messergebnisse bestätigen qualitativ den analytischen Berechnungsansatz zur steifigkeitsgerechten Gestaltung von Mehrfachanordnungen mechanischer Schnittstellen. Anschließend wurde eine analytische Berechnungsmethode zur theoretischen Ermittlung des dynamischen Verhaltens der zusammengesetzten Maschinenstruktur auf Basis der Receptance Coupling Methode entwickelt. Dabei wird das Gesamtverhalten der Maschine aus den dynamischen Verhalten der im Kraftfluss liegenden Elemente, hier Maschine, Schnittstelle und Modul, über eine geeignete Kopplungsmethode ermittelt. Ein Vergleich der Ergebnisse mit FEM-Analysen der Gesamtstruktur sowie Messungen an der realen Maschine zeigen hohe Übereinstimmungen. Somit stellt die entwickelte Berechnungsmethode ein sinnvolles Hilfswerkzeug in der zukünftigen Entwicklung modularer Werkzeugmaschinen dar. Die Ergebnisse zeigen, dass die entwickelte Schnittstelle eine rekonfigurierbare Modularität und somit die Wandlungsfähigkeit von Werkzeugmaschinen unterstützt. Für die industrielle Umsetzung ist die praktische Serientauglichkeit noch zu prüfen. Ein besonderer Schwerpunkt sollte dabei auch auf dem Langzeitverhalten der Schnittstelle liegen. Das thermische Verhalten der Schnittstellen erfordert eine separate Untersuchung. Die Werkzeugmaschinenhersteller sind im zunehmenden Maße als Systemintegratoren gefragt, die herstellerspezifische Komponenten und Module in ihre Maschinen einbauen und somit den Aufwand für Fertigung und Montage reduzieren. Um eine herstellerübergreifende Rekonfiguration zu ermöglichen sind einheitliche Baugrößen und Standards bei der Ausführung mechanischer Schnittstellen erforderlich. Für den industriellen Einsatz sind Module zu entwickeln, die durch „Plug’n’Produce“ in der Werkzeugmaschine installiert werden können. Dies erfordert z.B. auch neue Standards für eine automatische Inbetriebnahme der Module auf der Seite der Maschinensteuerung.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2009), Ein Beitrag zur Gestaltung mechanischer Modulschnittstellen für rekonfigurierbare Mehrtechnologie-Werkzeugmaschinen, Dissertation TU Darmstadt, Shaker Verlag Aachen
Wörn, A.
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(2009), Mechanical interfaces for reconfigurable machine tools, 3rd International Conference on Changeable, Agile, Reconfigurable and Virtual Production (CARV 2009), München
Abele, E.; Korff, D.
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(2009), Mechanical interfaces for reconfigurable machine tools, CIRP January Meeting, 30. Januar 2009, Paris
Abele, E.; Korff, D.
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(2009), Mechanische Schnittstellen modularer Werkzeugmaschinen - Untersuchung der mechanischen Schnittstelleneigenschaften, wt Werkstattstechnik online, Springer VDI Verlag, Düsseldorf, Jahrgang 99 (H. 1/2)
Abele, E.; Korff, D.; Wörn, A.