Elastische Mechanismen zur Stabilisierung von Laufbewegungen - Ganzkörpermodelle
Final Report Abstract
Ziel des Projektes war es den Einfluß von elastischen und dissipativen Elementen auf das technische zweibeinige Gehen zu untersuchen. Insbesondere sollte deren Einfluß auf die Energieeffizienz und Stabilität erforscht werden. Zweibeinigen Läufer können prinzipiell in zwei Gruppen eingeteilt werden: Passiv inspirierte Systeme (Limit Cycle Walker) und Humanoide Roboter. Stabilisiert werden Limit Cycle Walker durch das Einstellen eines stabilen Grenzzyklus. Im Gegensatz dazu sind Humanoide Roboter vollaktuiert. Stabilität wird durch ausgeklügelte Regelungsstrukturen erreicht. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden diese unterschiedlichen Ansätze kombiniert. Dazu wurden zwei Mehrkörpermodelle aufgebaut, ein stärker biologisch geprägtes Modell, („Passives Modell“) und ein sich an Humanoiden orientierendes Modell („Aktives Modell“). In einem ersten Arbeitsschritt wurde das Passive Modell aufgebaut. Das Besondere an diesem Modell ist sein Mix aus Elementen der Limit Cycle Walker und der humanoiden Robotik, welches aus der Kooperation von Ingenieuren und Biologen/Biomechanikern entstanden ist. Die Anordnung der elastischen Elemente wurde von der biologisch orientierten Anordnung des JenaWalker (JW) übernommen, die Topologie und Geometrie des Modells basieren hingegen auf den vollaktuierten, humanoiden Robotern des Lehrstuhls für Angewandte Mechanik Johnnie und Lola. Es wurden zwei Konfigurationen untersucht: Eine linear, elastische und eine progressive Kraft-Weg-Kennlinie der Federn. Die progressive Charakteristik basiert auf dem biologischen Vorbild der Sehnen. Eine Herausforderung beim Einsatz passiver Elemente stellen die vielen unbekannten Parameter dar, für deren Größe bzw. Ermittlung es keinerlei Richt- oder Anhaltswerte gibt. Aufgrund der Dimension der Problemstellung wurde eine numerische Ermittlung von optimalen Parametersätzen angestrebt. Die dazu geschaffene Software-Infrastruktur beinhaltet neben einer Optimierungsschleife auch ein Verfahren zur Bestimmung von periodischen Lösungen. Für zwei unterschiedliche Geschwindigkeiten wurden, jeweils für die lineare und nichtlineare Modellvariante, optimalen Parametersätze ermittelt. Die resultierenden Systemeigenschaften wurden in Bezug auf Energieeffizienz, Systemstabilität und Robustheit untersucht. In der nächsten Phase wurde das Aktive Modell u.a. mittels der Mehrkörpersimulations Bibliothek MBSim implementiert. Eine erste Analyse von elektrischer und mechanischer Leistung der einzelnen Gelenke, ergab ein erhebliches Energieeinsparungspotential für ausgewählt Gelenke. Im folgenden wurde eine universell einsetzbare und von der Regelstruktur unabhängige Methode zur Reduzierung des Energieverbrauchs entwickelt. Diese beruht auf der Optimierung der Drehmomentenverteilung der Motoren über einen Gangzyklus. Normalerweise müssen die Motoren in der Standphase ein hohes Moment zur Stabilisierung aufbringen, nachdem das Gelenk aber in dieser Phase nicht bewegt wird, geht die elektrische Leistung im Innenwiderstand verloren. In dem entwickelten Ansatz des Torque-Shifting, wird mittels einer parallel geschalteten Rotationsfeder ein unterstützendes Moment erzeugt, was zu einer Reduzierung der elektrischen Leistung führt. Die Motor-Getriebeeinheit des Aktiven Modells wurde entsprechend erweitert und die Strategie für die einzelnen Gelenke angepaßt. Für das Simulationsmodell konnte eine Einsparung zwischen 15,9% und 21,7%, abhängig von der Ganggeschwindigkeit erzielt werden. Nachdem der Motor während der Schwungphase gegen die Feder arbeiten muß, wurde auch eine erweiterte Methode des Torque-Shifting, basierend auf einer schaltbaren Feder angedacht. Für das Kniegelenk könnten mit diesem Ansatz maximal 60% im Vergleich zu 26% für die nicht schaltbare Lösung eingespart werden. Alternativ zur mechanischen Lösung (Feder) wurde auch eine elektrische Lösung zur Effizienzsteigerung mittels Rekuperation angedacht. Abschließend wurden die Auswirkungen der parallelen Federanordnung auf das Stabilitätsverhalten des Roboters untersucht. Da die Stabilität des Oberkörpers über den Fuß- Untergrund-Kontakt sichergestellt wird und die Federn diese Fußkontaktmomente nur vernachlässigbar beeinflussen, wirken sich die Feder nicht auf die Stabilität des Systems aus. Hingegen wirkt sich die elastisch Antriebseinheit auf die Robustheit des Modells in Bezug auf Stöße aus. Abhängig von der Gangphase und der Stoßrichtung ist in gleichem Maße ein positiver, aber auch negativer Einfluß erkennbar. Es sollte ein Testgelenk aufgebaut werden um die erzielten Ergebnisse zu verifizieren. Außerdem hat sich in einer ersten Abschätzung die Variante einer schaltbaren Feder als günstig erwiesen. Nachteilig könnten sind die hierzu zusätzlichen Stellmotoren auswirken, da diese im Gegenzug das Gewicht erhöhen. Es müsste geprüft werden, ob es eine konstruktive Umsetzungsmöglichkeit gibt und diese anhand des Testgelenks verifiziert werden. Auch eine seriell elastische Anordnung wäre interessant, allerdings müßte hierzu zunächst die Regelstruktur entsprechend überarbeitet werden.
Publications
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Simulation of a Biologically Inspired, Partly-Actuated Robot Model with Passive Elements, Proceedings of the Eccomas Multibody Dynamics Conference, Warsaw, Poland, 2009
Förg, D. & Ulbrich, H.
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A Bipedal Robot Model with Elastic Actuation, Proceedings of The First Joint International Conference on Multibody System Dynamics, IMSD, Lappeenranta, Finland, 2010
Förg, D.; Förg, M. & Ulbrich, H.
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Simulation and Numerical Parameter Identification of a Biologically Inspired Bipedal Robot with Passive Elements, The Archive of Mechanical Engineering, Vol. LVII, No. 2, pp. 149-163, 2010
Förg, D. & Ulbrich, H.
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Study of a bipedal robot with elastic elements, Proceedings of The joint conference of 41st International Symposium on Robotics (ISR) and German Conference on Robotics (ROBOTIK), Munich, Germany, 2010
Förg, D.; Seyfarth, A. & Ulbrich, H.
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Energy and Stability Considerations of Biped Robots with Passive Elements, Dissertation Lehrstuhl für Angewandte Mechanik, Technische Universität München, 2011, Verlag Dr. Hut, ISBN 978-3-8439-0154-3
Förg, D.