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Entwicklungspsychologie der Lebensspanne: Werkzeuggebrauch bei Menschenaffen

Antragstellerin Dr. Sonja Ebel, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 454726751
 
Die Vergleichende Psychologie ergründet kulturelle Unterschiede in der menschlichen Kognition und ihre evolutionären Ursprünge, letzteres durch Vergleiche von Menschen mit nicht-menschlichen Primaten. Jedoch sind die Stichproben bei Primatenstudien häufig klein (N<10 pro Gruppe) und die Tiere entsprechen nicht dem Alter der Menschen (z.B. Affen: 3-50 Jahre, Menschen: 3 Jahre). Dies ist problematisch, da man auch für die kognitiven Fähigkeiten von Affen Entwicklungsverläufe erwarten würde. Für dieses Projekt plane ich Longitudinal- und Querschnittsdaten von Großen Menschenaffen zusammenzuführen, um eine vergleichende Psychologie der Lebensspanne zu etablieren. Ich werde hierzu die Daten von fast 20 Jahren Kognitionsforschung am Wolfgang-Köhler-Primaten-Forschungszentrum in Leipzig nutzen. Die Affen dort nehmen regelmäßig an kognitiven (nicht-invasiven) Verhaltensexperimenten teil. Die Daten umfassen über 100 Individuen von vier Arten (Bonobos, Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans). Der Fokus des Projektes liegt auf der Entwicklung von flexiblem Werkzeuggebrauch über die Lebensspanne und seiner kognitiven Basis. Flexibler Werkzeuggebrauch ist ein Meilenstein in der menschlichen Evolutionsgeschichte und nur wenige Lebewesen haben das Vermögen dazu. Er ermöglicht eine Anpassung an verschiedene Habitate und die Nutzung neuer Ressourcen. Es ist wichtig, die kognitive Basis von flexiblem Werkzeuggebrauch und die Entwicklungsverläufe der darunter liegenden kognitiven Prozesse zu untersuchen, denn das gleiche Testergebnis bei jungen und alten Affen kann auf verschiedenen Prozessen basieren (z.B. haben junge Affen ggf. bessere exekutive Fähigkeiten, während ältere Affen über Erfahrungswissen verfügen). Drei Schlüsselfragen werden in diesem Projekt untersucht: (Q1) Wie entwickelt sich flexibler Werkzeuggebrauch in einem Individuum?; (Q2) Was ist die kognitive Basis von flexiblem Werkzeuggebrauch?; (Q3) Wie beeinflusst das soziale Netzwerk die Entwicklung von flexiblen Werkzeuggebrauch? Die ersten beiden Fragen werden anhand von Daten aus publizierten Experimentalstudien untersucht. Hierzu werden Modelle basierend auf den Hypothesen formuliert, die Daten zusammengetragen und ausgewertet. Um die dritte Frage zu beantworten, wird Videomaterial kodiert, welches von den Affen wöchentlich in ihrer sozialen Gruppe aufgenommen wurde. Die Verhaltens- und Experimentaldaten werden zusammengeführt, um die Beziehung zwischen Werkzeuggebrauch und sozialen Dynamiken zu untersuchen. Dieses Projekt wird die junge Disziplin der vergleichenden Psychologie der Lebensspanne in Deutschland etablieren. Die Longitudinal- und Querschnittsdaten bieten eine weltweit einzigartige Möglichkeit, Entwicklungsverläufe über die Lebensspanne bei vier Menschenaffenarten zu untersuchen. Dieses einzigartige Projekt ist mit einem geringen Risiko verbunden, da die Daten in einem Archiv vorliegen. Es hat das Potential, das Feld der Vergleichenden Psychologie nachhaltig zu prägen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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