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Generationsübergreifende Weitergabe von Kriegserfahrungen und Rechtspopulismus
Antragsteller
Dr. Max Schaub
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456041321
In weiten Teilen der westlichen Welt setzen rechtspopulistische Parteien, Politiker und Ideen etablierte Demokratien unter Druck. Deutschland ist hier keine Ausnahme. Als Erklärung werden häufig wirtschaftliche Probleme, Ressentiments gegenüber Eingewanderten und ein Fehlen demokratischer Repräsentanz genannt. Diesen Erklärungen soll ein weiterer Ansatz hinzugefügt werden. Die Studie untersucht, wie sich historische Erfahrungen auf politische Präferenzen auswirken. Im Fokus stehten dabei die Erfahrung von Gewalttaten während des Zweiten Weltkriegs.In der gegenwärtigen Forschung bleibt die Wirkung historischer Gewalterfahrungen umstritten. Einerseits werden sie mit zunehmender Feindseligkeit gegenüber Außenstehenden und Unterstützung rechter Bewegungen in Verbindung gebracht. Andererseits zeigen Studien, dass Gewalterfahrungen auch zu einem höheren Maß an prosozialem Verhalten führen können. Im vorliegenden Projekt soll dieser Zusammenhang anhand des deutschen Falls und einer Mehrgenerationen-Perspektive detailliert untersucht werden.Zur Interpretation der Ergebnisse wird ein Modell der intergenerationellen und institutionellen Übertragung politischen Verhaltens zugrunde gelegt. Dabei können politische Präferenzen entweder vertikal, also durch die Weitergabe von Erfahrungen oder sozialen Normen der Elterngeneration an die Kinder, oder horizontal, durch die institutionelle Aufarbeitung von kollektiven Gewalterfahrungen übertragen werden. Formalisiert werden diese Annahmen in einem mathematischen Modell des Bayesschen Belief-Updating.Zur empirischen Überprüfung des Modells werden regionale Unterschiede im Ausmaß der während des Zweiten Weltkriegs gemachten Gewalterfahrungen genutzt. Diese Unterschiede ergeben sich zum einen aus der Häufigkeit der Luftangriffe und Bodenkämpfe an bestimmten Orten und zum anderen aus dem „Import“ von Gewalterfahrungen durch Heimatvertriebene. Im Rahmen des Projekts werden Wahlverhalten und politische Einstellungen in Gebieten mit hoher und niedriger Prävalenz historischer Gewalterfahrungen verglichen.Kernstück des Projekts ist eine für Deutschland repräsentativen Umfrage. In der Umfrage werden systematisch Mitglieder verschiedener Generationen in Ost- und Westdeutschland befragt, welche teilweise derselben Familie angehören. Der Fokus der Umfrage liegt auf der Weitergabe von Kriegserinnerungen innerhalb der Familie und der Frage, über welche Kanäle diese politische Einstellungen beeinflussen. Hierfür werden unter anderem zwei neuartige Umfrageexperimente eingesetzt. Ein besonders interessanter Fall regionaler Unterschiede in der Intensität von Gewalterfahrungen liegt in Sachsen vor, welcher mithilfe eines Mixed-Methods-Designs erforscht werden soll.Das vorgeschlagene Forschungsprojekt wird das Verständnis der Auswirkung historischer Erlebnisse und ihrer Weitergabe auf das politische Verhalten erweitern und neuartige Daten generieren, die auch zukünftig für Untersuchungen dieses Zusammenhangs genutzt werden können.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen