Die "Melusine" des Thüring von Ringoltingen in der deutschen Drucküberlieferung von ca. 1473/74 bis ins 19. Jahrhundert - Buch, Text und Bild
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Durch Auswertung aller einschlägigen Bibliographien, durch intensive Recherchen in in- und ausländischen Bibliotheken und durch Beobachtung des Antiquariatsmarktes konnten eine Reihe bislang unbekannter Ausgaben identifiziert werden, wodurch das Projekt eine verlässliche Materialbasis erhielt. Allein die Überlieferungslücke in der ersten Hälfte des 17. Jh.s, als mindestens vier Ausgaben erschienen, konnte nicht geschlossen werden (Kriegsverluste). Dokumentiert wird dies in der geplanten Quellenbibliographie. Die Zusammenarbeit der drei Fächer ergab schon für die „Melusine"-Überlieferung des 15. Jh. neue Erkenntnisse, denn die zeitlichen Ansetzungen und die Abhängigkeitsverhältnisse, wie sie der „Gesamtkatalogkatalog der Wiegendrucke" annimmt, mussten an mehreren Stellen korrigiert werden. Für „Melusine"-Ausgaben des 16. bis 19. Jahrhunderts sind die Angaben in Bibliographien bzw. in Bibliothekskatalogen um bis zu 50 Jahre zu korrigieren. Die interdisziplinäre Kooperation war besonders wichtig bei unfirmierten und undatierten „Melusine"- Ausgaben der spaten Überlieferungszeit. So gelang zumindest die Festlegung von Überlieferungsgruppen. In Einzelfällen gelang sogar die Idenfifizierung des Druckers. Hier konnten auch methodische Neuansätze entwickelt werden, die es ermöglichen, Prosaromane des 18. Jahrhunderts von den Ausgaben des Barockzeitalters eindeutig abzugrenzen. Dies könnte für VD17 und VD18 nutzbar gemacht werden, da sich die gemachten Beobachtungen nicht auf die „Melusine" beschränken, sondern zumindest für die gesamte Prosaroman-Überlieferung zutreffen. Wie die Projektergebnisse insgesamt paradigmatisch für die Unterhaltungsliteratur der frühen Neuzeit sein dürften. Betrachtet man die Gesamtüberlieferung, so sind markante Zäsuren festzustellen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass nicht nur der Text gekürzt „modernisiert" wurde, sondern damit einher ging auch eine Neukonzeption der Buchillustrationen. Dies hatte Auswirkungen auf das Text-Bildverhältnis sowie auf die Gesamtgestaltung des Buches. Soweit die Verleger und Drucker dieser umfassenden Neubearbeitungen bekannt sind, handelt es sich um Persönlichkeiten, die einen Schwerpunkt auf die Publikafion von Prosaromanen legten und damit ihren potentiellen Kundenkreis kannten. Diese Neubearbeitungen sind entscheidend dafür, dass die „Melusine" ein attraktiver Lesestoff blieb. Dies bedeutet aber nicht, dass die älteren Textausgaben ganz vom Markt verschwunden sind, denn gelegentlich wurden diese nachgedruckt. Leider ist es bislang nicht möglich, konkrete Aussagen darüber zu treffen, welche Drucker hierfür verantwortlich sind. Aus der Gesamtschau aller Projektergebnisse und parallel zu den Überlieferungszusammenhängen (Gruppen) lassen sich Buchtypen beschreiben, die die Veränderungen des literarischen Marktes, der Lesebedürfnisse wechselnder und unterschiedlicher Publika und Rezeptionsweisen spiegeln.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die textgeschichtliche Tradierung der „Melusine" aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Die oberdeutschen Offizinen von 1473/74 bis 1516. In: Eulenspiegel trifft Melusine. Der frühneuhochdeutsche Prosaroman im Licht neuer Forschungen und Methoden. Akten der Lausanner Tagung vom 2. bis 4. Oktober 2008 in Zusammenarbeit mit Alexander Schwarz. Hrsg. von Catherine Drittenbass und André Schnyder. Amsterdam und New York 2010. (Chloe. Beihefte zum Daphnis, Bd. 42). S. 297-324
Behr, Martin / Habermann, Mechthild
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Die Drucküberlieferung des „Melusine"-Romans in Frankfurt am Main in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. In: Eutenspiege! trifft Melusine. Der frühneuhochdeutsche Prosaroman im Licht neuer Forschungen und Methoden. Akten der Lausanner Tagung vom 2. bis 4. Oktober 2008 in Zusammenarbeit mit Alexander Schwarz. Hrsg. von Catherine Drittenbass und André Schnyder. Amsterdam und New York 2010. (Chloe. Beihefte zum Daphnis, Bd. 42). S. 325-340
Künast, Hans-Jörg
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Typographie und Leseweisen: Überlegungen zu den „Melusine"-Ausgaben der Frankfurter Offizinen Gülfferich und Weigand Han / Han Erben. In: Eulenspiegel trifft Melusine. Der frühneuhochdeutsche Prosaroman im Licht neuer Forschungen und Methoden. Akten der Lausanner Tagung vom 2. bis 4. Oktober 2008 in Zusammenarbeit mit Alexander Schwarz. Hrsg. von Catherine Drittenbass und André Schnyder. Amsterdam und New York 2010. (Chloe. Beihefte zum Daphnis, Bd. 42). S. 341-359
Rautenberg, Ursula
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„Gedruckt in diesem Jahr" - Zur Überlieferung der „Historie von der schönen Melusine". In: Jahresbericht der Erlanger Buchwissenschaft 1 (2010) S. 29-38
Künast, Hans-Jörg
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Ausgleichsvorgänge in den Druckersprachen Augsburgs und Straßburgs anhand der Inkunabelüberlieferung der „Melusine". In: Elspar, Stephan / Negele, Michaela: Sprachvariation und Sprachwandel in der Stadt der Frühen Neuzeit. Heidelberg 2011. S. 49-77
Behr, Martin