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Neues Licht aus Pompeji: Ein Forschungsprojekt zur Lichtwirkung frühkaiserzeitlicher Beleuchtungsgeräte aus Bronze
Antragstellerin
Professorin Dr. Ruth Bielfeldt
Fachliche Zuordnung
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456917156
Das multidisziplinäre Vorhaben widmet sich der Erschließung der Technik, Praxis und Ästhetik des Kunstlichts in der römischen Antike. Kunstlicht ist in den archäologischen Wissenschaften bislang eine hypothetische Größe. Ziel des Projektes ist es, die Wahrnehmung und das Verständnis römischen Kunstlichts auf eine neue Grundlage zu stellen. Materialer Ausgangspunkt des Projektes sind die in den Vesuvstädte entdeckten, heute in den Depots des Nationalmuseums von Neapel aufbewahrten spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Beleuchtungsgeräte aus Bronze: Öllampen, Kandelaber, Fackel- und Leuchterträger und Tischlampenständer bilden eine große, qualitätvolle, von der Forschung aber vernachlässigte Materialgruppe. Ihre komplexen figürlichen Bronzegebilde erlauben die Ausgangshypothese, daß römische Beleuchtungsgeräte nicht nur Licht spendeten, sondern eine skulpturale Modellierung von Licht und Schatten leisteten, mit ihren Metalloberflächen Spiegeleffekte produzierten und dadurch Raumatmosphären grundlegend transformierten. Römisches Kunstlicht ist ein Medium der Gestaltung, es ist Lichtkunst. Die sinnliche Evidenz des gestalteten Lichtes erschließt sich nicht allein durch eine ikonographische Hermeneutik, sondern bedarf der genauen Kenntnis der materialen, technischen und optischen Eigenschaften der Objekte. Das Projekt kombiniert daher eine naturwissenschaftliche Material- und Oberflächenanalyse, Untersuchungen zur Herstellungstechnik mit einem experimentell-archäologischen Vorgehen und einer digitalen Lichtsimulation. Aufgrund der gewonnenen Ergebnisse soll erstmals eine Gruppe von Skulpturlampen im Nachguß experimentell reproduziert und einer Serie lichtpraktischer Tests unterzogen werden, begleitet von einer goniophotometrischen Bestimmung der Reflexionseigenschaften des Metalls, der Lichtstärke und der Schatteneffekte. Die gewonnenen Daten werden in einer Lichtsimulationssoftware für eine interaktive virtuelle Simulation eines pompejanischen Trikliniums („The Roman Light-Art Room“) aufbereitet und in einer Ausstellung in der Münchner Antikensammlung gemeinsam mit zahlreichen Originalobjekten präsentiert.Die virtuelle Wiedergewinnung des römischen Kunstlichts ist ein zentraler Schritt hin zu einer Kulturwissenschaft römischen Lichts. Insofern das Projekt phänomenale Licht- und Seherfahrungen untersucht, leistet es einen wesentlichen Beitrag zur Konkretisierung der sensual studies in den Altertumswissenschaften. Insofern das Projekt das Kunstlicht als Medium einer performativen Gemeinschaftsbildung im Rahmen römischer Fest- und Sozialkultur in den Blick nimmt, liefert es die Basis für eine als Forschungsfeld neu zu etablierende antike Lichtsoziologie. In seiner reflektierten Methodologie der Übertragung archäologischer und experimenteller Daten in die Simulation und deren Einbettung in theoretische Perspektiven hat das Projekt Modellcharakter für weitere Forschungen zur Phänomenologie und Soziologie der Sinne in historischen Gesellschaften.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen