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Historytelling. Das Erzählen von Vergangenheit in der gegenwärtigen polnischen Gonzo-Literatur

Antragstellerin Dr. Aleksandra Konarzewska
Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 457886284
 
Das folgende Projekt untersucht die Darstellung der Vergangenheit in den Werken der drei Hauptvertreter der polnischen zeitgenössischen Gonzo-Literatur – Z. Szczerek, J. Hugo-Bader und M. Szczygieł. Ich werde analysieren, wie sie die neueste Geschichte (einschließlich des „illiberal turn“ in der Politik) in einer Weise konstruieren, die sich den vorherrschenden historischen Diskursen entzieht. Die traditionelle polnische Literatur (fiktionale und nicht-fiktionale) folgt seit Jahrzehnten der romantischen Überzeugung, dass die Erinnerung eine Moral- und Existenzdimension hat. Die dominanten Diskurse der Vergangenheitserzählung sind daher entweder idealistisch oder kritisch: Ersterer zielt auf ein Gedenken, das die Moral stärkt, während der zweite ein Gedenken ist, das das Gewissen erschüttert. Gonzo ist aus dem amerikanischen New Journalism hervorgegangen, einem Zweig von nonfiction das in der Mitte und Ende der 1960er Jahre die „Objektivität“ aufgab und den nominellen Autor in den Mittelpunkt stellte. Gonzo zeichnet sich durch seine Subjektivität und den Gebrauch von Umgangssprache, Perspektive „von unten“, vollständiger Dialoge und Sarkasmus aus. In Polen ist es der Gonzo-Stilistik gelungen, literarisches Erzählen zu komponieren, das dank seines metonymischen Potenzials beide vorherrschenden Diskurse – den kritischen und den idealistischen – in Frage stellen kann. Die Gonzo-Werke von Szczerek, Szczygieł und Hugo-Bader sind Reiseliteratur. Bereiste Ziele sind die Nachbarländer Polens oder weitere Länder der Region (z.B. Ungarn). Die Autoren konzentrieren sich auf lokale Kuriositäten, wie der Alltag in Kleinstädten, Phänomene der Grenzprovinzen, Nationalismen der „kleinen Nationen“ und ihre ungewöhnlichen Manifestationen sowie die Paradoxien etablierter Diskurskategorien (z.B. „Osten“). Das Hauptthema ist die neueste Geschichte, ausgedrückt durch die komplizierten Schicksale der Bewohner Mittel- und Osteuropas. Alle drei Autoren überdenken die unterschiedlichen historischen Verläufe in den besuchten Ländern, ohne zu versuchen, „objektiv“ zu sein: Sie betonen sogar ihre mögliche Voreingenommenheit. Ihre polnische Nationalität, Männlichkeit und liberale Einstellung sind Prisma, durch das eine „story“ erzählt wird. Die Autoren interessieren sich für die historischen Gründe für das „illiberal turn“ in den von ihnen besuchten Regionen. Die Gonzo-Stilistik ermöglicht es, ernsthafte Themen mit Ironie zu betrachten und sich auf die erzählte Geschichte selbst zu konzentrieren. Mein Ziel ist es, herauszufinden, wie Gonzo-Autoren ihre eigene Art von Vergangenheitserzählen gestalten, wobei ich mich auf die Wiederverwendung/Zerstreuung der Stereotypen über Klassen- und Geschlechtsidentitäten und Spiel mit ethnischer, nationaler und politischer Identitäten konzentriere. In meiner Arbeit werde ich Masculinity Studies, die Geschichtsschreibungstheorien („Revival of the narrative“), den Spatial Turn und postkoloniale Studien berücksichtigen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Österreich, Polen, USA
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Dr. Magdalena Baran-Szoltys; Dr. Andrzej Czyzewski; Professorin Dr. Irena G. Gross
 
 

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