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Genomische Imprints extremer sexueller Selektion - Die genetische Architektur von SSD und Merkmalen im Kontext der Selbstopferung bei Männchen sexuell kannibalistischer Witwenspinnen
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr. Henrik Krehenwinkel; Professorin Dr. Jutta M. Schneider
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458109219
Jüngste Fortschritte in der Hochdurchsatz-Sequenziertechnologie bieten neue Möglichkeiten, die genetische Basis komplexer Merkmale Kostengünstig zu entschlüsseln. Wir möchten die Vererbung und die genetische Architektur einer Kombination von Anpassungen untersuchen, die sich unter sexuellem Konflikten entwickelt haben. Die australische Rotrückenspinne, Latrodectus hasselti, ist zu einem Lehrbuchbeispiel für selbstmörderische Paarung geworden. Umwerbende Männchen vollführen einen spektakulären Rückwärtssalto, der ihren Unterleib direkt auf die weiblichen Mundwerkzeuge bringt. Dieses eigentümliche Verhalten provoziert Kannibalismus, verlängert aber auch die Kopulation. Gleichzeitig können Männchen Verletzungen während einer 1. Kopulation überleben, indem sie ihren Hinterleib einschnüren und sie sichern ihre Vaterschaft, indem sie die Spitze des Spermienübertragenden Embolus als Begattungspfropf im Eingang zur Spermathek hinterlassen. Diese Merkmale sind Teil eines monogynen Paarungssystems, bei dem die Männchen terminal in die Paarung mit einem einzigen Weibchen investieren. Die Monogynie tritt zusammen mit Zwergmännchen und einem zu den Männchen verschobenen Geschlechterverhältnis auf. Interessanterweise zeichnet sich die Schwesterart der Rotrückenspinne, L. katipo aus Neuseeland, durch ein ganz anderes Paarungssystem aus. L. katipo Weibchen sind weder aggressiv noch kannibalistisch, und die Männchen machen keinen Rückwärtssalto und paaren sich mehrfach. Auch der sexuelle Größen-Dimorphismus ist weniger ausgeprägt. Die beiden Arten können fertil gekreuzt werden und ermöglichen die Aufzucht von 3 Generationen in einem Jahr, wie frühere Experimente gezeigt haben. Dieses Artenpaar ist daher ideal geeignet, die genetische Architektur der Evolution komplexer Paarungssysteme zu entschlüsseln. Wir planen, F1 und F2-Hybride herzustellen. Ausserdem werden wir F1 Hybride mit Männchen beider väterlicher Arten rückkreuzen. Wir werden die Vererbung und Segregation folgender Merkmale dokumentieren, (i) den Rückwärtssalto, (ii) die abdominale Einschnürung, (iii) den Begattungspfropf und (iv) die Körpergröße adulter Männchen in der F2-Generation. Zusätzlich werden wir die Genome der Zielart sequenzieren und eine populationsgenomische sowie QTL-Kartierungsanalyse der untersuchten Paarungsmerkmale durchführen. Schließlich werden wir die Gehirne der Männchen sezieren und die Genexpression zwischen Männchen vergleichen, die sich im Selbstaufopferungsverhalten unterscheiden. Das Forschungsprojekt wird spannende Einblicke in die genetische Architektur von Merkmalen offenbaren, die sich unter der sexuellen Selektion schnell und wahrscheinlich gemeinsam entwickelten. Wir werden auch den Grundstein für diverse weitere Ansätze legen, die z.B. eine konzertierte Evolution bei beiden Geschlechtern einbeziehen und schließlich eine Rekonstruktion der sexuell antagonistischen Koevolution in einem ungewöhnlichen Paarungssystem ermöglichen könnten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen