Entscheidungs- und Attributionsprozesse bei Patienten mit Wahnvorstellungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Kognitive Erklärungsmodelle von Wahn postulieren, dass kognitive Auffälligkeiten an der Entstehung und Aufrechterhaltung wahnhafter Überzeugungen beteiligt sind. Da die genauen Prozesse dieser Auffälligkeiten bei der Entstehung und Aufrechterhaltung wahnhafter Überzeugungen bisher nicht hinreichend erforscht sind, wurden in diesem DFG-Projekt kognitive Auffälligkeiten wie voreiliges Schlussfolgern, negative Selbstkonzepte, externalisierende Attributionsstile und Beeinträchtigungen in der „Theory-of-Mind"-Fähigkeit untersucht Die Untersuchung erfolgte als Querschnittsdesign, bei dem ambulante und stationäre Probanden mit Wahn mit gesunden Probanden und Probanden mit Depression verglichen wurden, sowie als Längsschnittstudie, in die kognitiven Verzerrungen vor und nach einer kognitiv-bahavioralen Therapie oder einer Wartezeit untersucht wurden. Die vorliegenden Ergebnisse aus dem querschnittlich angelegten Untersuchungsteil bestätigen und erweitern bisherige Studien, die kognitiver Verzerrungen bei Personen mit Wahn im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen belegen. Insbesondere zeigte sich, dass Patienten mit wahnhaften Gedanken dazu neigen, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen, sie jedoch in der Lage sind, mehr Informationen beim Treffen von Entscheidungen einzuholen, wenn Verluste drohen (Lincoln et al., 2010), Ferner sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass das Selbstwertgefühl bei Patienten mit Schizophrenie stark erniedrigt ist, auch wenn der Wahn remittiert, während sich die Patienten von gesunden und depressiven Kontrollpersonen nicht in ihren impliziten Selbstwertschemata unterscheiden (Kesting, Mehl. Rief, Lindenmeyer, & Lincoln). Mehl et al. (Mehl, Rief, Ziegier, Müller, & Lincoln, 2010) zeigten ferner, dass Patienten mit Wahn einen implizit selbstabwertenden Attributionsstil aufweisen, sich im expliziten Attributionsstil jedoch nicht von gesunden Kontrollpersonen entscheiden. Patienten mit Wahn zeigen spezifische Defizite in der Theory of Mind-Fähigkeit, indem sie Intentionen anderer schlechter erkennen und antizipieren konnten (Mehl et al., 2010). Defizite in der ToM-Fähigkeit stehen zudem im engen Zusammenhang mit Defiziten in der sozialen Kompetenz und Defiziten im Abruf autobiographischer Informationen (Mehl. Rief, Mink. Lüllmann. & Lincoln, 2010). Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, in kognitiv-behavioralen Interventionen Methoden zur Verringerung des voreiligen Schlussfolgerns, zur Verbesserung der ToM-Fähigkeit, der sozialen Kompetenzen sowie zur Steigerung des Selbstwerts einzusetzen
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2009. Leistet voreiliges Schlussfolgern einen Beitrag zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Wahn? Ein systematisches und quantitatives Review. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, Vol. 57.2009, pp. 125-136.
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2010. Can delusions be self-assessed. Concordance between self- and observer rated delusions in schizophrenia. Psychiatry Research, Vol. 178. 2010, Issue 2, pp. 249–254.
Lincoln, T.M.. Ziegier, M., Lüllmann, E., Müller, M.J., & Rief, W.
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2010. Implicit attributional style revisited: Evidence for a state-specific 'self-decreasing' Implicit attributional style in patients with persecutory delusions. Cognitive Neuropsychiatry, Vol. 15. 2010, Issue 5, pp. 451- 476.
Mehl, $., Rief, W., Ziegler, M., Müller, M.J., Lincoln, T.M.
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2010. Is fear of others linked to an uncertain sense of self. The relevance of self-worth, interpersonal self-concepts and dysfunctional beliefs to paranoia. Behavior Therapy, Vol. 41. 2010, Issue 2, pp. 187–197.
Lincoln, T.M., Mehl, $., Ziegler, M.. Kesting, M.-L, Exner, C. & Rief, W.
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2010. Social performance is more closely associated with Theory of Mind and autobiographical memory than . with psychopathological symptoms in clinically stable patients with schizophrenia spectrum disorders. Psychiatry Research, Vol. 178. 2010, Issue 2, pp. 276–283.
Mehl, S., Rief. W., Mink, K., Lüllmann. E., Lincoln, T.M.
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2010. The Jumping to Conclusions Bias in delusions: Specificity and changeability. Journal of Abnormal Psychology, Vol 119. 2010, Issue 1, pp. 40-49.
Lincoln, T.M., Ziegier. M.. Mehl, S. & Rief, W.
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2011. Negative symptoms and social cognition. Detecting suitable targets for psychological Interventions. Schizophrenia Bulletin, Vol. 37.2011, Issue suppl 2, pp. S23-S32.
Lincoln, T.M., Mehl, $.. Kesting. M.-L., Rief, W.