Globale Verhandlungen, Lokale Handlungen: Normumsetzung durch das Operative Geschäft der Vereinten Nationen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Durch die Globalisierung ist das nationale Recht zunehmend mit völkerrechtlichen Vorschriften und anderen normativen Vorgaben der globalen Ebene verwoben. Für die Erarbeitung völkerrechtlicher Normen sind internationale Organisationen zentrale Foren. Das gilt insbesondere für die Vereinten Nationen als die einzige internationale Organisation, die sowohl prinzipiell allen Ländern der Welt offensteht als auch prinzipiell zu allen Themenfeldern Normen verhandeln kann. Die Forschung zu internationalen Organisationen hat herausgearbeitet, dass entgegen der lange verbreiteten Annahme, die Normsetzung sei eine domaine réservé der Staaten, internationale Bürokratien, also die Bediensteten internationaler Organisationen, einen wichtigen Beitrag zu globalen Normsetzungsprozessen leisten. Mein Projekt knüpft an diese Forschung an und erarbeitet rechtlich fundierte Kategorien, um die Art der Einflussnahme internationaler Bediensteter in der heutigen Völkerrechtsordnung zu beschreiben. Hierbei gilt ein besonderes Augenmerk den formalen Mandatsstrukturen und ihrer Praxis. Zwei Kategorien sind in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder zu beobachten: zum einen interpretieren internationale Bedienstete vage Rechtsbegriffe und normative Konzepte, und zwar v.a. durch regelmäßige Berichterstattung. Dieses Konzept habe ich als „exekutive Interpretation“ beschrieben. Zum Zweiten fungieren internationale Bedienstete als Schnittstellen zwischen verschiedenen für die Völkerrechtssetzung relevanten Akteuren, und nutzen hier ihren Spielraum aus, um bestimmte Positionen zu bevorzugen. Diese Dynamiken lassen sich sowohl auf der globalen als auch der nationalen Ebene beobachten. Mein Projekt erweitert das Augenmerk bestehender Forschung auf das operative Geschäft der Vereinten Nationen und nimmt hier beispielhaft die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsziele durch operative Aktivitäten in den Blick. Anhand der Nachhaltigkeitsziele lässt sich gut zeigen, dass die Aktivitäten der Vereinten Nationen Auswirkungen auf das Verständnis der Nachhaltigkeitsziele auf globaler Ebene haben. Aus dem Projekt ergeben sich für die weitere Beforschung globaler Rechtsetzungsprozesse relevante Legitimitätsfragen. Wenn internationale Bedienstete faktisch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf globale Rechtsetzungsprozesse haben, Legitimität aber grundsätzlich als durch Staaten vermittelt gedacht wird, entsteht eine Legitimitätslücke. Weitergehende Forschung sollte sich mit der Frage beschäftigen, wie genau diese Legitimitätslücke aussieht und wie sie zu schließen sein könnte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Beyond Peace and Security: The UN Transition Assistance Group in Namibia and its Importance for Contemporary Constitution-Making. AJIL Unbound, 117, 257-262.
Birkenkötter, Hannah
-
‘Make Cities and Human Settlements Inclusive, Safe, Resilient, and Sustainable’. The UN Sustainable Development Goals, 799-858. Oxford University Press.
Birkenkötter, Hannah
-
“What the Secretariat Makes It”: United Nations Civil Servants between Administrative Function and Contemporary International Lawmaking. International Organizations Law Review, 20(3), 426-456.
Birkenkötter, Hannah
