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Konkretisierung des Hypothetischen. Pandemie-Preparedness seit den 1990er Jahren – historische, ethische und juristische Bedingungen des Corona-Managements

Antragstellerinnen / Antragsteller Professorin Dr. Cornelia Rauh; Professor Dr. Heiko Stoff, seit 4/2021
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Praktische Philosophie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458544411
 
In den 1980er Jahren ging das "Zeitalter der Immunität" (Thießen) seinem Ende entgegen. Als Kehrseite einer neuen Phase der Globalisierung nahm die Wahrnehmung von pandemieauslösenden Viren als Bedrohung von Gesundheit, Wirtschaft und Sicherheit an Bedeutung zu. Seuchenbekämpfung, wie historisch vielfach nachweisbar, zog nie ausschließlich medizinische und hygienische, sondern immer auch — mehr oder minder weitreichende — politische, gesellschaftliche, ökonomische, ethische und rechtliche Konsequenzen nach sich. Die Pandemieplanungen galten daher einem epidemiologisch begründeten Handlungsfeld in einer komplexen, von vielen Unsicherheiten bestimmten Zukunft. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch verantwortliche Stellen in der Bundesrepublik versuchten für eine Pandemiezukunft zu planen. Diese Pläne wurden nach jeder neuen Pandemie neu angepasst. Wer an Pandemieplanungen beteiligt wurde, auf Nutzung welcher Ressourcen die Planungen basierten, welche Public-Health-Maßnahmen man projizierte, welche Perspektiven man mit einbezog oder auch außen vor ließ, welche gesellschaftlichen Teilbereiche Berücksichtigung fanden und auf Grundlage welcher Werte, wie Gerechtigkeit und Gesundheit, die Planungen beruhten, sind zentrale Fragen einer historischen Annäherung sowie ethischer und rechtlicher Überlegungen. Die Corona-Krise der Gegenwart zeigt die Grenzen des Versuchs, das Hypothetische planend zu konkretisieren. In Zeiten der Pandemie wurde deutlich, dass es nicht allein auf die Reaktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ankommt, sondern auch weitere – vorher nicht bedachte – gesellschaftliche Teilbereiche wichtig sind. Was in der Krise „systemrelevant“ ist, ist ein zentraler Streitpunkt der gegenwärtigen Debatten. PreCoM zielt darauf ab, die Genese von Pandemieplanungen auf internationaler (WHO) und nationaler Ebene (Deutschland) nachzuvollziehen und zu fragen, welche Normen- und Werteabwägungen es im Vorhinein gab. Hieran anknüpfend analysiert PreCoM Entscheidungen sowie damit einhergehende rechtliche und ethische Ambivalenzen während der aktuellen Corona-Krise und entwickelt damit Perspektiven für zukünftige Pandemieplanungen. Das beinhaltet auch eine Debatte über Genese und Geltung von Werten und Rechten. So greifen die historischen Teilprojekte auf die für die Pandemieplanung relevanten Werte zurück, wie sie in den ethischen und juristischen Teilprojekten identifiziert und weiter präzisiert werden. Es geht also um beides: Werte und Rechtsverständnisse (z.B. Autonomie, Gerechtigkeit, Solidarität, Verantwortung) historisch herzuleiten und zugleich darüber nachzudenken, wie diese Werte und Rechte in der aktuellen Pandemiedebatte berücksichtigt, verhandelt, angewendet, ignoriert oder debattiert werden. Genau in der Zusammenführung unterschiedlicher Zugriffe auf Pandemieplanung – Rückschau auf vergangene Planungsgeschehen, Gegenwartsanalyse und Zukunftsempfehlung – liegt die Stärke von PreCoM.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich Dr. Hannes Kahrass
Ehemaliger Antragsteller Dr. Marcel Mertz, bis 4/2021
 
 

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