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Innerartliche Kommunikation zur Partnerfindung bei Insekten: Störanfälligkeit durch Neonikotinoid-Insektizide und evolutionäre Änderungen der neuronalen Signalverarbeitung bei Grillenarten der Unterfamilie Eneopterinae

Antragsteller Dr. Stefan Schöneich
Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458552427
 
Der rasante Anstieg im weltweiten Einsatz von modernen Neonicotinoid-Pestiziden in der Landwirtschaft während der letzten Jahrzehnte wird zunehmend als ein maßgeblicher Faktor erachtet der den besorgniserregenden Verlust von Populationen und Biodiversität in der Insektenfauna vorantreibt. Abgesehen von Studien an wirtschaftlich bedeutsamen Bestäuberinsekten wie Honigbienen, sind jedoch die Risiken durch eine zunehmende Neonikotinoidbelastung der globalen Ökosysteme für andere Insektenarten kaum untersucht. Im Gegensatz zu den unfruchtbaren Arbeiterbienen ist für die meisten adulten Insekten das Finden von Paarungspartnern die wichtigste Lebensaufgabe und entscheidende Grundvoraussetzung für den Fortpflanzungserfolg. Viele Insekten verlassen sich bei der Partnerfindung über größere Distanz auf akustische Kommunikation. Evolutionäre Veränderungen der artspezifischen Kommunikationssignale wurden am Beispiel von Grillen und anderen akustisch kommunizierenden Insekten als starke Antriebskraft für sympatrische Artentstehung identifiziert. Das Projekt hat zwei Hauptziele: 1.) Identifizierung und quantitative Beschreibung von Modifikationen in der sensorischen Verarbeitung von innerartlichen Kommunikationssignalen während der Evolution von einem rein akustischen zu einem akustisch-vibratorischen System zur Partnerfindung, welches wir kürzlich bei Grillenarten des Lebinthini Tribus der Unterfamilie Eneopterinae beschrieben haben. 2.) Die akustische Kommunikation der Grillen als neuroethologisch sehr gut etabliertes Modellsystem auszunutzen um erstmals die Effekte von subletalen Dosen der weltweit am häufigsten eingesetzten Neonicotinoide auf diese bei Insekten weit verbreitete Partnerfindungsstrategie zu untersuchen. Um die gesteckten Ziele zu erreichen werden wir eine Kombination verschiedener physiologischer und anatomischer Methoden einsetzen um die sensorische und neuronale Verarbeitung von auditorischen und vibratorischen Signalen zwischen Feldgrillen und verschiedenen Grillenarten der Unterfamilie Eneopterinae zu vergleichen. In den elektrophysiologischen Experimenten werden wir außerdem den Einfluss von subletalen Dosen von neonikotinoid-Insektiziden wie Imidacloprid auf die Antworteigenschaften von auditorischen und vibrationssensitiven Interneuronen testen. Außerdem werden wir mittels Aufzeichnungen des spontanen Lockgesangs von Grillenmännchen und Laufverhalten der Weibchen den Einfluss subletaler Neonikotinoiddosen auf zentrale Verhaltensweisen für die Partnerfindung testen. Das Projekt bietet damit nicht nur ein hohes Potential neurobiologische Einblicke in die Evolution von neuen artspezifischen Kommunikationssignalen zu gewinnen, sondern gleichzeitig auch die Anfälligkeit von innerartlicher Kommunikation zu Partnerfindung gegenüber Neonicotinoid-Insektiziden zu testen, welche unter Verdacht stehen einen erheblichen Beitrag zum aktuellen Insektensterben beizusteuern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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