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Mineralthermometrie an anthropogenen pyrometamorphen Umwandlungsprodukten in hochgebrannten Gipsmörteln

Antragsteller Dr. Thomas Schmid
Fachliche Zuordnung Festkörper- und Oberflächenchemie, Materialsynthese
Analytische Chemie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458702855
 
Projektziel ist die Aufklärung historischer Herstellungsprozesse von Mörtelbindern und entsprechender technologischer Entwicklungen vergangener Jahrhunderte. Moderne Analytik bietet häufig den einzigen Zugang zu diesem verlorenen Wissen, welches die Nachstellung historischer Baustoffe für die Restaurierung sowie – aufgrund vorteilhafter Eigenschaften (z.B. weniger CO2-Emissionen bei der Produktion oder höhere Festigkeit im Vergleich zu modernen Entsprechungen) – für moderne Anwendungen ermöglicht. Bisher fehlen jedoch systematische Studien zu Indikatoren für Prozessparameter anthropogener Materialien. Untersucht werden mittelalterliche Hochbrand-Gipsmörtel und frühindustrieller Marble-Zement. Neben der Brenntemperaturbestimmung soll der eindeutige Nachweis von Marble-Zement in historischen Proben gelingen. Unter Mineralthermometrie versteht man die Bestimmung der Temperatur, welcher ein Gestein oder Material ausgesetzt war, anhand der Untersuchung von auf pyrometamorphe Umwandlungen zurückzuführenden Mineralzusammensetzungen und mineralbezogenen Eigenschaften. Während die etablierte Geothermometrie weitgehend auf Druck-Temperatur-Diagrammen von Gleichgewichtszusammensetzungen basiert, zielt das Projekt auf die Entwicklung einer Mineralthermometrie von Mörteln ab, welche den Einfluss spezifischer Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse berücksichtigt (z.B. durch Kalzinieren und Hydratisieren von Mineralien unter definierten Laborbedingungen). Wichtigste analytische Innovation ist der Einsatz der Raman-Mikrospektroskopie, welche chemisch-strukturelle Informationen auf einzigartige Weise mit räumlichen Auflösungen bis in den Sub-Mikrometerbereich kombiniert. Dies ist unabdingbar für den Nachweis mikropartikulärer Mineralindikatoren in komplexen Mörtelmischungen (z.B. Silikate in Gipsmörteln). Aufgrund von überlappenden Materialzusammensetzungen und der allgemeinen Anwendbarkeit der zu entwickelnden Strategien werden die Ergebnisse für mehrere anthropogene Mörtelkomponenten wie Zement, Kalk und Schlacke relevant sein. Darüber hinaus sind Auswirkungen auf keramik-basierte additive Fertigung (3D-Druck) zu erwarten. Die bisher nur gemäß hitzebedingter Farbveränderungen klassifizieren Kalksteinblöcke in Notre Dame (Paris) zeigen die Notwendigkeit eines quantitativen Ansatzes in der Stabilitätsbewertung von Bausteinen nach Brandereignissen auf. Die zu entwickelnde, Referenzspektren mit Mineraltypen und Zusammensetzungen verknüpfende Raman-Spektrenbibliothek wird auch z.B. in bodenkundlichen und geologischen Studien Anwendungen finden. Die Projektziele lassen sich nur im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation der Analytical Sciences mit Kunsttechnologie, Konservierung-Restaurierung und Mörtelproduktion erreichen. Projektpartner aus den letzteren Bereichen bringen Proben von mittelalterlichen und frühindustriellen Hochbrand-Gipsmörteln aus dem Alpenraum und Marble-Zement aus dem Neues Museum Berlin sowie nachgestellte moderne Mörtelbinder ein.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Schweiz
Kooperationspartnerin Dr. Petra Dariz
 
 

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