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Das mentale Lexikon in der Sprachproduktion: Computermodellierung und experimentelle Daten

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458716577
 
Die Häufigkeit, mit der wir bestimmte Ereignisse erleben, beeinflusst die zukünftige Verarbeitung ähnlicher Ereignisse. Dies trifft auch auf die Verarbeitung von Sprache zu. Die Wortfrequenz (auch: Vorkommenshäufigkeit von Wörtern in einer Sprache) gehört zu den am besten untersuchten Einflussfaktoren der Wortverarbeitung in der psycholinguistischen Forschung. Beim Sprechen von Wörtern werden frequente (häufige) Wörter schneller verarbeitet als seltene Wörter. Der Wortfrequenzeffekt hat unsere Vorstellung über die Funktionsweise des Mentalen Lexikons geprägt. Dabei wird davon ausgegangen, dass alle bekannten Wörter im Langzeitgedächtnis abgespeichert sind und dass der Wortabruf durch ihre Frequenz determiniert wird. Genau wie einzelne Wörter einer Sprache in ihrer Frequenz variieren, unterscheiden sich auch bestimmte Wortkombinationen (Mehrwort-Äußerungen) in ihrer Vorkommenshäufigkeit. Beispielsweise ist „Ich nehme ein Glas“ häufiger als „Ich nehme einen Teller“. Wirkt sich die Frequenz einer Wortkombination auch auf die Enkodierung in der Sprachproduktion aus? Aktuelle psycholinguistische Modelle der Sprachproduktion sagen vorher, dass die Frequenz einer Mehrwort-Äußerung keinen Einfluss auf das Enkodieren derselben hat. Grund ist, dass davon ausgegangen wird, dass Äußerungen ad hoc gebildet werden und nicht ganzheitlich abgespeichert sind. Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass sich die Frequenz von Mehrwort-Äußerungen sehr wohl auf die Enkodierungsgeschwindigkeit auswirkt. Diese empirischen Befunde zeigen, dass das Sprachproduktionssystem nicht nur die Frequenz von einzelnen Wörtern im Sprachgebrauch registriert, sondern ebenso die Frequenz von Wortkombinationen. Diese Befunde erfordern eine Modifikation aktueller Sprachproduktionsmodelle. Das Ziel des geplanten Projektes ist es, ein neues Modell der Sprachproduktion zu entwickeln und zu testen, das den aktuellen empirischen Befunden zur Produktion von Mehrwort-Äußerungen Rechnung trägt. Das Modell versteht das Mentale Lexikon als ein Netzwerk von miteinander verbundenen lexikalischen Repräsentationen, das sich dynamisch durch den tatsächlichen Sprachgebrauch weiterentwickelt. Es werden Methoden der künstlichen Intelligenz (z.B. lineare Modellierung, naïve discriminative learning) genutzt, um verschiedene Varianten des neuen Modells zu simulieren. Dabei wird zusätzlich eine Modellvariante berücksichtigt, in der Mehrwort-Äußerungen als Einheit abspeichert sind. Es werden psycholinguistische Experimente durchgeführt, die die Leistung der SprecherInnen in Abhängigkeit ihres Sprachgebrauchs messen. Die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen werden dann mit den Vorhersagen der Modelle abgeglichen. Unser Projekt soll einen Wechsel in der Sprachproduktionsforschung markieren: es soll ein neues Licht auf die kognitive Architektur des Sprachproduktionssystems werfen und neue Perspektiven für die Erforschung dieses Systems eröffnen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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