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GRK 2792:  Autonomie heteronomer Texte in Antike und Mittelalter

Fachliche Zuordnung Alte Kulturen
Geschichtswissenschaften
Literaturwissenschaft
Philosophie
Theologie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 459311663
 
Unter dem Titel „Autonomie heteronomer Texte in Antike und Mittelalter“ schlagen wir einen neuartigen Zugriff auf Werke dieser Epochen vor, die in bewusste Abhängigkeit von Vorlagen treten und in diesem Sinne „heteronom“ sind, aber durch aktualisierende Auswahl und Verarbeitung ihrer Vorlagen auf verschiedenen Ebenen – wissenschaftlich, kulturell, formal, ästhetisch – eine je eigentümliche „Autonomie“ ausbilden. Solche Texte tragen, mit einer besonderen Blütezeit seit der Spätantike, entscheidend zur Entfaltung von Kultur und Wissenschaft bei. Dieser Prozess, der Philosophie und Literatur, Jurisprudenz und Medizin ebenso betrifft wie die Theologien der abrahamitischen Religionen, weist zahlreiche Parallelen zu modernen Praktiken kultureller Tradierung und Erneuerung, aber auch zuspitzender Vereinfachung komplexer Sachverhalte (z.B. in Didaktik und Internet) auf. Bis heute prägt er die – religiösen wie säkularen – Traditionen wesentlich mit, die in unserer multipolaren, durch globale Krisen verunsicherten Welt Angebote zur Orientierung darstellen. Daher ist es von hoher aktueller Relevanz, in einem Graduiertenkolleg eine spezifische Kompetenz im Umgang mit solchen Phänomenen an Promovierende zu vermitteln. Zur Herausarbeitung der Dialektik von Autonomie und Heteronomie in der Überlieferungs- und Fortschreibungsliteratur aus Antike und Mittelalter schlagen wir erstmals ein interdisziplinär anwendbares, methodisch-heuristisches Instrumentarium vor. In Anknüpfung an die bewährte Zusammenarbeit der Jenaer Fachvertreter/innen soll den Promovierenden eine Begrifflichkeit und Methodik an die Hand gegeben werden, die über bisherige, meist auf Kommentarliteratur beschränkte Ansätze hinausgeht. Der bislang nicht hinreichend im Zusammenhang wahrgenommene Phänomenkomplex heteronomer Texte – zu dem Kommentare, Paraphrasen und Synopsen ebenso zählen wie Handbücher, Lexika, Chroniken, Epitomen, Anthologien und wiedererzählte Romane – soll gattungs-, disziplinen-, kultur- und epochenübergreifend auf seine gemeinsamen heteronomen Charakterzüge sowie die je eigene Autonomie der einzelnen Texte hin erforscht werden. Für die pagane, jüdische und christliche Kultur in Antike und Mittelalter sollen so wissenschaftlicher Fortschritt, Aktualisierung von Inhalten, didaktische Vermittlung an Orten von Lehre und Verkündigung sowie literarische Formen und Textästhetik gleichermaßen erforscht werden. Zur Fokussierung des Forschungsprogramms werden mit commentarius, continuatio, collectio und renarratio entsprechend dem Phänomenbestand vier konkrete Forschungsfelder festgelegt, aus denen die Promovierenden Dissertationsthemen zur Bearbeitung im Kolleg wählen können, um sie im Kontext formal und inhaltlich verwandter Texte zu untersuchen. So werden sich die antiken und mittelalterlichen Autoren der heteronomen Texte und ihre Rezipienten/innen gleichermaßen als „(vermeintliche) Zwerge auf den Schultern von Riesen“ erweisen, die „weiter blicken“ als ihre Vorgänger.
DFG-Verfahren Graduiertenkollegs
Antragstellende Institution Friedrich-Schiller-Universität Jena
 
 

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