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Rechtsirrtum und Rechtsungewissheit bei Anspruchsverfolgung und Anspruchsverteidigung

Fachliche Zuordnung Privatrecht
Förderung Förderung von 2021 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 460456840
 
Ob die Berufung auf einen Rechtsirrtum vor Nachteilen schützen kann, ist eine klassische Frage der Rechtswissenschaft. Der römisch-rechtliche Satz „error iuris nocet“ – der Rechtsirrtum schadet – hat es zu großer Bekanntheit gebracht. Die Problematik wird oftmals mit Blick auf das Strafrecht beleuchtet (Stichwort: Auswirkungen eines Verbotsirrtums). Doch auch im Privatrecht ist das Thema von grundlegender Bedeutung. Der Begriff des Rechtsirrtums bedarf allerdings der Präzisierung. Die vorgelegte Arbeit demonstriert, dass der Begriff insofern unglücklich gewählt ist, als er nicht zwingend die Fälle der (bewussten) Rechtsungewissheit umfasst. Gerade in diesem Bereich zeigt sich aber, zumindest in jüngerer Vergangenheit, die eigentliche praktische Relevanz.Das deutsche Privatrecht behandelt Rechtsirrtümer und Rechtsungewissheit an verschiedenen Stellen sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht von Nachsicht gegenüber den Betroffenen bis hin zu großer Strenge. Diese Diskrepanzen irritieren viele Beobachter. Die vorgelegte Habilitationsschrift zeigt auf, dass die vorherrschende Herangehensweise in ihren Ergebnissen keineswegs so widersprüchlich ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.Um dies zu belegen, entwickelt die Arbeit ein neues rechtsdogmatisches Gerüst für das Feld der Rechtsirrtumsproblematik. Dieses wird in vier „Quadranten“ geteilt. Auf einer ersten Ebene wird unterschieden zwischen der Annahme, selbst im Recht zu sein, und einer Unterschätzung eigener Rechte. In zweiter Linie lässt sich zwischen Anspruchsverfolgung und Anspruchsverteidigung trennen. Dabei führen der irrtümliche Verzicht auf die Anspruchsverfolgung sowie die irrtümliche Verteidigung gegen fremde Ansprüche regelmäßig zu erheblichen Nachteilen für die Irrenden (Verjährung, Haftung). Hingegen verhindern rechtliche Fehlvorstellungen die Nachteilszuweisung oftmals, wenn es um eine irrtümliche Anspruchsverfolgung oder den Verzicht auf die Verteidigung geht.Die Untersuchung identifiziert einheitliche Wertungen, die diese unterschiedlichen Ergebnisse weitgehend erklären. Die maßgeblichen Wertungszusammenhänge lassen sich vor allem dem Zivilprozessrecht entnehmen, das im Zusammenhang mit der Rechtsirrtumsproblematik bislang zumeist stiefmütterlich behandelt wurde. Insbesondere besteht ein Allgemeininteresse daran, dassrechtliche Zweifelsfragen einer Klärung zugeführt werden. Insofern kommt es entscheidend darauf an, bei Rechtsungewissheit hinreichende Anreize zu setzen.Im Anschluss an diese dogmatische Herleitung entwickelt die Arbeit konkrete Maßstäbe, die die praktische Handhabung der Rechtsirrtumsproblematik erleichtern sollen. Abschließend wird gezeigt, dass das derzeit herrschende System noch in mancherlei Hinsicht optimiert werden kann – nicht zuletzt mit Blick auf die künftige Bedeutung von Smart Contracts und künstlicher Intelligenz.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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