Detailseite
Versio latina: Akteure, Funktionen und Ziele der Übersetzung frühneuzeitlicher Literatur ins Lateinische
Antragstellerin
Professorin Dr. Anja Wolkenhauer
Fachliche Zuordnung
Griechische und Lateinische Philologie
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 461470108
Das Projekt Versio latina untersucht Übersetzungen vernakularer Literatur ins Lateinische, die in der Frühen Neuzeit im Druck erfolgreich waren. Es arbeitet komplementär zur bisherigen Forschung, indem es Latein als Ziel- und nicht als Ausgangssprache fokussiert und die neulateinische Übersetzung ins Zentrum stellt. Es zielt darauf, (1) die kulturellen Funktionen und ökonomischen Ziele der versio latina zu erschließen, (2) die besondere, durch Mehrfachreferenz geprägte Translationssituation des neuzeitlichen Übersetzens ins Lateinische zu beschreiben und theoretisch zu reflektieren, und mit beidem (3) die ‚vergessene Latinität‘ der vernakularen Literatur ins Bewusstsein zu heben, die für die Internationalisierung des frühneuzeitlichen Literaturbetriebs und Buchhandels von größter Bedeutung war.Der Rahmenantrag des SPP 2130 „Übersetzungskulturen“, betont, dass Latein in der Frühen Neuzeit nicht nur in der gelehrten Kommunikation, sondern auch als vermittelnde „interkulturelle Gelenkstelle“ eine wichtige Rolle einnahm (S. 11, 5.2.2). Diesen Gedanken greift das Projekt auf und schlägt Brücken von der versio latina zu den drei skizzierten Arbeitsfeldern des SPP, wobei es ‚Übersetzung‘ sowohl sprachlich als auch kulturell definiert: Kulturell ist die neulateinische versio dadurch charakterisiert, dass Latein zwar eine globale Sprache mit einer vergleichsweise großen Sprechergemeinschaft ist, sie aber weder über native speaker noch über einen gemeinsamen Sprechort verfügt. Der Begriff der ‚Zielkultur‘ muss für diese Konstellation neu bestimmt werden; dies leistet das Projekt, in dem es nach ihren Akteuren, Funktionen und Zielen fragt. Dem in der älteren Forschung formulierten Befremden über die „curiosities“ tritt es mit einer skoposorientierten Analyse entgegen. Nicht vom kulturellen Transfer zu trennen ist die besondere sprachliche Mehrfachreferenz der neulateinischen versio: Wenn ein deutscher Übersetzer einen spanischen Roman ins Lateinische überträgt und das Werk in einem international tätigen Verlag erscheint, werden die translatorischen Entscheidungen nicht nur vom ‚semantischen Rucksack‘ des antiken Latein, sondern auch von den Möglichkeiten des Neulateins, der Herkunftssprache des Übersetzers, der Ausgangssprache des Textes und ggf. auch von der Muttersprache(n) der intendierten Käufer geprägt. Dieses Feld wird auf Basis der Übersetzungen, ihrer Paratexte und publikationsbezogenen Sekundärquellen erarbeitet. Als Ganzes zielt das Projekt darauf, ein relevantes internationales Textcorpus und seine Übersetzungskontexte skoposorientiert zu untersuchen. Die erzielten Ergebnisse werden die versio latina als Komplementärphänomen zum Übersetzen aus dem Lateinischen und als Intermediärphänomen des globalen Austauschs kenntlich machen. Sie werden für die historische Weltsprache Latein ebenso wie für die Forschung an modernen internationalen Sprachen von Bedeutung sein.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 2130:
Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit